Ungarn produziert Weltklasseschwimmer am laufenden Band. Der KURIER sucht nach den Gründen, warum eine ganze Nation schwimmt.
Wenn heute in der Budapester Duna-Arena die Kurzbahn-WM startet und Hunderte Athleten ins 25-Meter-Becken springen, wird es für viele ein einmaliges Erlebnis sein.
Auch wenn es „nur“ die kurze Bahn ist, aber hier werden jeden Tag Tausende begeisterte Besucher erwartet. Für Ungarn ist ein Schwimmbewerb ein absolutes Highlight. Dass sich immer wieder ungarische Athleten an der Weltspitze tummeln, ist nicht nur ein Grund dafür, sondern auch eine Folge davon.
Ungarn hat mit 10 Millionen Bürgern in etwa gleichviele Einwohner wie Österreich – und produziert Topschwimmer am laufenden Band. András Hargitay ist Jahrzehnte nach seinen Erfolgen immer noch ein Idol, Katinka Hosszú hat die Schwimmwelt bis vor kurzem dominiert, Kristóf Milák hält, genauso wie Hosszú Welt- und Europarekorde.
Der KURIER fragte bei Österreichs Elitetrainer Balázs Fehérvári nach, warum Ungarn seit Jahren zu den Topnationen im Schwimmsport gehört. Er war vor zehn Jahren aus seiner Heimat Ungarn nach Österreich gekommen, um auch hier Athleten zu Topplatzierungen zu bringen.
„Tradition, Infrastruktur, Publikum, sehr starke Trainer“, zählt Fehérvári auf. Es fange damit an, dass Eltern selbstverständlich mit ihren kleinen Kindern ins Bad gehen – „und zwar alle“.
Die Tradition
Mit einem Schwimmkurs über eine kurze Zeitspanne sei es nicht erledigt. Kann das Kind einmal die Basics im Schwimmen, kommt es in den Technikkurs. „Was für Österreich das Skifahren ist, ist für Ungarn das Schwimmen“, erklärt der Coach. „Für die Regierung hat Sport Priorität“, sagt Fehérvári.
Das merkt man auch an der Ausschüttung an Geldern für Olympiamedaillen. „Von einer Goldmedaille kann man sich eine kleine Wohnung leisten“, das gebe es auch in anderen Ländern, so der Coach.
Ungarn sei sehr stolz auf seine Athleten, sagte Katinka Hosszú im Rahmen der EM in Rom 2022 zum KURIER, als sie kurz davor stand, die 100. Medaille bei einem Großereignis zu gewinnen. „Wenn man eine Olympiamedaille gewonnen hat, bekommt man eine lebenslange Pension“, so der Superstar. Mit einer Goldmedaille bekomme man das ungarische Durchschnittseinkommen nach Karriereende für den Rest des Lebens, so Hosszú, die dreimal Gold und einmal Silber bei Olympia gewann. „Der Verband unterstützt die Athleten zudem sehr gut. Trainingscamps, monatliche Unterstützung und so weiter. Wir haben eine gutes System. Vielleicht verdienen wir nicht so viel wie Fußballer, aber es ist ok“, lachte die mittlerweile zurückgetretene Starschwimmerin. Das Wichtigste sei vor allem, dass die Top-Athleten nicht nebenbei arbeiten müssen und sich voll aufs Training konzentrieren können.“
Wie die finanzielle Unterstützung für Top-Schwimmer und -Schwimmerinnen in Österreich funktioniert, lesen Sie hier:
Vielleicht liegt die Tradition darin begründet, dass die allererste ungarische Olympiagoldmedaille, 1896 in Athen, im Schwimmen gewonnen wurde“, mutmaßt Coach Fehérvári. Seither schwimmt das kleine Binnenland bei Großereignissen ganz vorne mit. Bei den Spielen in Paris war Ungarn fünfter im Medaillenspiegel hinter großen Ländern wie USA, Australien, Frankreich und Kanada. In Rio war man sogar drittbeste Nation.
Die Infrastruktur
Das alles wäre nicht möglich ohne die zweiten von Fehérvári erwähnte Säule des Schwimmsports in Ungarn: die Infrastruktur. Als Balázs Fehérvári vor zehn Jahren aus Ungarn nach Österreich gekommen ist, muss das für ihn …read more
Source:: Kurier.at – Sport