Vom Tabu zur Transparenz: Wiener Fußballvereine und ihre NS-Vergangenheit

Sport

Der österreichische Fußball während des Zweiten Weltkrieges war geprägt von der Nazi-Ideologie und der Eingliederung in die Strukturen des NS-Sports. Lange dauerte es, bis die wichtigsten Vereine des Landes diese Zeit aufgearbeitet haben.

Rapid: Ein Testspiel führte zur Aufarbeitung

Als erster Verein Österreichs stellte sich Rapid der dunklen Vergangenheit. Der Auslöser dafür war das Testspiel der Hütteldorfer gegen Schalke im Sommer 2009. Der „Ballesterer“ kritisierte, dass die Grünen dabei nicht auf die besonderen Umstände des Titels in der Deutschen Meisterschaft mit dem legendären Sieg gegen Schalke in Berlin 1941 verwiesen hatten.

Das traf beim damaligen Rapid-Präsidenten Rudolf Edlinger einen Nerv – und den langjährigen Präsidenten vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) in dessen antifaschistischer Ehre. „Die Kritik war berechtigt. Ich habe mich über mich selbst geärgert“, sagte Edlinger zum KURIER 2018 im Rückblick.

Es wurde beschlossen, die Geschichte der Hütteldorfer wissenschaftlich aufzuarbeiten, und alles, auch die unangenehmen Details, in Buchform zu veröffentlichen.

Nach eineinhalb Jahren kam mit „Grün-weiß unterm Hakenkreuz“ der Autoren Georg Spitaler und Jakob Rosenberg ein Standardwerk in mittlerweile vielfacher Ausgabe heraus.

Es gab mehrere (für Rapid erfreuliche) Überraschungen: Kein Spieler war bei der NSDAP Mitglied gewesen; der Mythos, dass Hitler die Rapidler bevorzugt hätte, wurde widerlegt; „nur“ ein Spieler (Fritz Durlach) wurde später wegen Kriegsverbrechen verurteilt. Aber: Vereinsikonen der Zwischenkriegszeit wie Josef Uridil oder Leopold Nitsch waren NSDAP-Mitglieder.

„Die Mehrheit der Fans kam aus der Arbeiterschicht und die war für rechte Parteien immer ein großes Ziel. Da hat Mut dazu gehört, als Rapid-Spieler nicht zur Partei zu gehen“, resümierte Edlinger.

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Andere, wie der ehemalige Klubsekretär und Namensgeber für den Verein „Rapid“ Wilhelm Goldschmidt, wurden zum Opfer der Shoah. Elf Spieler sind im Krieg gefallen.

Edlinger, der für die SPÖ bis 2000 den Finanzminister stellte, war es auch wichtig, im Rapid-Museum im neuen Allianz Stadion auf die Vereinsgeschichte in der NS-Zeit hinzuweisen. Seither gibt es im „Rapideum“ die Lade, die nie zugeht.

Für Edlinger, der 2021 mit 81 Jahren an Lungenkrebs verstarb, war dieses Detail im KURIER-Gespräch „unglaublich wichtig. Über diese Lade redet jeder, der in das Vereinsmuseum kommt. Fast jeder versucht zuerst, sie zu schließen und kommt dann dahinter, wie interessant die Inhalte sind.“

Austria: Zeiten der Finsternis

Die Wiener Austria widmet der NS-Zeit in ihrem Vereinsmuseum ein ganze Wand mit dem Titel „Die Zeiten der Finsternis“. Die Violetten haben die Geschichte vor allem mit einem 2018 erschienenen Buch aufgearbeitet. „Ein Fußballerverein aus Wien“ wurde von Bernhard Hachleitner, Johann Skocek, Matthias Marschik und Rudolf Müllner über drei Jahre lang recherchiert und niedergeschrieben.

Gerhard Kaltenbeck, Mitglied des Verwaltungsrats der Wiener Austria und Kurator des violetten Museums, erzählt: „Für das Buch waren die Verantwortlichen auch in Deutschland unterwegs und haben beispielsweise auch im Sepp-Herberger-Archiv recherchiert.“ Beleuchtet wird dabei die Zeit des Nationalsozialismus von 1938 bis 1945. Es wird auch so mancher Mythos ins Abseits gestellt, wie Historiker Hachleitner festhielt.

„So gibt es für die angebliche Weigerung von Matthias Sindelar, für die deutsche Nationalmannschaft zu spielen, keine Belege.“ Nur vor einem Spiel einer „Ostmark“-Auswahl gegen Aston Villa soll die Austria-Legende „herumgedruckst“ und Müdigkeit als Vorwand verwendet haben. Derlei Geschichten finden sich noch viele in …read more

Source:: Kurier.at – Sport

      

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