Bei den Rennen kurz vor Weihnachten passiert oft Unerwartetes. Während früher gesoffen wurde, geht es heute trockener zu.
„Hauptsach’ die Skier laufen und die Trainer saufen.“ Es ist nicht überliefert, in welchem Winter den kauzigen Trainervater des fünffachen Gesamtweltcupsiegers Marc Girardelli der Aufenthalt im schönen Südtiroler Grödnertal zu diesem Spruch animierte. Feststeht, dass Gröden für Mitglieder vom Fanklub „geeichte Leber“ und ähnlich trinkfesten Medienvertretern schon vor zig Jahren zum vorweihnachtlichen Lieblingsort wurde, während auf und an der Saslong-Piste alle Weltcupabfahrten wieder Ungewöhnliches passierte.
In Gröden hat Franz Klammer nicht weniger als vier Mal, der später so erfolgsverwöhnte Hermann Maier indes keine einzige Abfahrt gewonnen.
In Gröden wagte der Zillertaler Pisten-Intellektuelle Uli Spieß 1980 als erster die berüchtigten Kamelbuckel (mit einem 65-Meter-Satz) zu überspringen. Eine Mutprobe, die der damalige ÖSV-Cheftrainer Karl Kahr eine unnötige Aktion eines Oberg’scheiten nannte, die mittlerweile längst von allen Startern kopiert wird.
Plötzlich Co-Kommentator
In Gröden reiste der überlegene Trainingsschnellste Girardelli einmal unmittelbar vor dem Rennen empört ab, weil er die Weltcupmacher verdächtigte, dass sie ihm die unvorteilhafte Startnummer 1 auf illegale Weise zukommen hatten lassen;
In Gröden begann 1989 in Wahrheit die TV–Karriere von Armin Assinger, als der nach Kreuzbandrissen noch rekonvaleszent gewesene Kärntner Speedpilot die ORF-Reporter-Legende Robert Seeger bat, ihn bei der Abfahrt als Co-Kommentator assistieren zu lassen.
In Gröden wurde der in tiefer Hocke daherrasende italienische Abfahrtscrack Kristian Ghedina auf dem Zielhang plötzlich von einem Reh begleitet, obwohl man dachte, die Piste lückenlos abgesperrt zu haben.
In Gröden erfuhr vor 20 Jahren ein den Tränen naher Hans Knauß, dass er mit sofortiger Wirkung gesperrt sei, weil er zwei Wochen davor bei der Dopingkontrolle im kanadischen Lake Louise durchgefallen war. Knauß erzielte später zwar einen gerichtlichen Erfolg im Prozess mit jenem US-Nahrungsergänzungsmittelhersteller, dessen Produkten der Steirer vertraut hatte. Die Karriere auf Rennskiern aber war beendet, ehe bald die zweite vor dem Mikrofon begann.
Gut für Überraschungen
In Gröden krachte der gestürzte Matthias Mayer 2015 mit dem Rücken dermaßen brutal auf die vereiste Saslong, dass Experten behaupten, nur der – damals neue – Airbag habe den Olympiasieger vor einer Querschnittslähmung bewahrt.
In Gröden gelingen, vor allem wenn die Sonne hinter dem Langkofel verschwindet, immer wieder Außenseitern mit hohen Startnummern Überraschungen. Zumindest vor den Rennen und zumindest beim hauptberuflichen Personal aber kam man von der Tradition ab. Denn im Vergleich zum einstigen Grappa-Weltcup geht’s heutzutage angeblich nahezu staubtrocken zu.
Source:: Kurier.at – Sport