Höhere Arbeitsproduktivität kann laut Studie fehlende Arbeitskräfte bei weitem nicht kompensieren.
Österreichs Exportwirtschaft wird ab den 2030-er Jahren unter einem veritablen Fachkräftemangel leiden, der durch mehr Produktivität bei weitem nicht zu kompensieren sein wird. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie zur Beschäftigungsentwicklung der österreichischen Exportwirtschaft des Wirtschaftsforschungsinstituts wiiw im Auftrag des Arbeitsministeriums. So würden allein zwischen 2022 und 2027 rund 540.000 Menschen der geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge in Pension gehen.
Diese fehlenden Arbeitskräfte werden laut Prognose nicht vollständig durch jüngere Menschen ersetzt werden können, weil nachfolgende Jahrgänge wesentlich geburtenschwächer sind. Die Exportwirtschaft steht für rund 30 Prozent der österreichischen Gesamtbeschäftigung mit einem wesentlich höheren Männeranteil vor allem im Produktionssektor sowie in der Land- und Forstwirtschaft.
Für die Studie haben die beiden wiiw-Autoren Robert Stehrer und Stella Zilian verschiedene Szenarien der Bevölkerungsentwicklung mit der voraussichtlichen Nachfrage nach Arbeitskräften verglichen. Fazit: Selbst im äußerst positiven Szenario eines um 0,4 Prozent steigenden Angebots an Arbeitskräften pro Jahr durch verstärkte Zuwanderung und verstärkte Erwerbsbeteiligung bis Anfang der 2030er Jahre, müsste die Arbeitsproduktivität in Österreich pro Jahr um 1 Prozent steigen, um ein BIP-Wachstum von moderaten 1,5 Prozent zu ermöglichen (Durchschnittswert der Jahre 2011 bis 2019).
Produktivität müsste drei mal so stark steigen wie zuletzt
„Das würde bedeuten, dass die Produktivität pro Jahr etwa dreimal so stark ansteigen müsste, wie sie das in den Jahren 2011 bis 2019 getan hat“, analysiert Stella Zilian, Ökonomin am wiiw und Co-Autorin der Studie. „Aber auch durch den Einsatz von Automatisierung und digitaler Technologien sowie kapitalintensiven Investitionen in effizientere Produktionsmethoden wäre eine derartige Steigerung der Arbeitsproduktivität keineswegs gesichert“, so Zilian. Weil sie im Wettbewerb mit anderen Branchen um die immer rareren Arbeitskräfte stehen, werden die heimischen Betriebe verstärkt um Fachkräfte und Talente buhlen müssen.
Nach Beschäftigungskategorien betrifft der anstehende Arbeitskräftemangel laut Studie tendenziell eher Frauen, Qualifikationen im mittleren und höheren Qualifikationssegment sowie akademische Berufe. „Angesichts des bereits heute ausgeprägten Fachkräftemangels in der Industrie sollten bei den Verantwortlichen sämtliche Alarmglocken schrillen. Es steht nämlich zu befürchten, dass vor allem Vorzeigebetriebe abwandern könnten, wenn es dafür keine Lösung gibt“, warnt Robert Stehrer, wissenschaftlicher Direktor des wiiw und Co-Autor der Studie.
Bündel an bekannten Maßnahmen notwendig
An Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel empfehlen die Ökonomen bekannte Themen: Eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen, Älteren und Migranten sowie den Einsatz und die Förderung von Innovation und Digitalisierung in den Betrieben, um so die Arbeitsproduktivität zu steigern. Zudem sollten verstärkt Fachkräfte aus dem Ausland angeworben und mittels attraktiver Rahmenbedingungen an das Land gebunden werden. „Österreich wird sich hier ins Zeug legen müssen, um gegenüber anderen Staaten nicht den Anschluss zu verpassen, schließlich steht es auch international in einem immer schärferen Wettbewerb um die besten Köpfe“, betont Zilian.
Source:: Kurier.at – Wirtschaft