Aus Rezeptionisten werden Masters of Welcome: Wie neue Titel alte Jobs modern machen

Wirtschaft

Auch wenn Aufgaben gleich bleiben, schmückt man Berufe mit kuriosen Titeln – aber warum?

Die Zeiten der Rezeptionisten, Personal- und Bürochefs sind vorbei. Stattdessen zieren Masters of Welcome, Heads of People & Culture und Office Manager die Visitenkarten. In der neuen Arbeitswelt kommen immer mehr Jobbezeichnungen, die klassische Berufe aufpolieren sollen.

Was solche Jobtitel bewirken, warum es sie braucht und welchen Wert sie in der Arbeitswelt haben, fragt der KURIER zwei Expertinnen.

Oberflächlich anders

„Sie sind da auf jeden Fall an etwas dran“, sagt Gerlinde Mautner. Als Professorin an der WU Wien mit dem Schwerpunkt Wirtschaftskommunikation beobachtet auch sie eine Veränderung. Neu sei das Phänomen nicht. Schon vor Jahren habe einer ihrer britischen Forschungspartner berichtet, dass er zu Beginn seiner Karriere im Gesundheitssektor als „Administrator“ bezeichnet wurde und später, ohne dass sich seine Aufgaben veränderten, „Manager“ wurde. „Wäre er geblieben, wäre er schließlich zum ,Leader‘ umstilisiert worden“, erzählt sie. Ein neuer Titel, aber dieselbe Tätigkeit.

Den Grund für diese Anpassungen kann man nicht genau festlegen, aber für Mautner ist klar, dass es sich nicht nur um eine oberflächliche „Etikettenänderung“ handelt. „Zwischen Sprache und Realität gibt es eine permanente Wechselwirkung. Es macht einen Unterschied, ob ich von Managern oder Leadern spreche, das reflektiert ein anderes Weltbild“, erklärt sie. Mit Managern würden andere Begriffe assoziiert als mit Leadern. Die einen gelten als traditionell, die anderen als visionär. Ähnlich sei es bei Personalchefs und Heads of People. „Solche Begriffe haben Einfluss auf Beziehungen, Identität und Wertvorstellungen“, sagt die Expertin.

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Je englischer, desto besser

„Manche Titel sind einfach unattraktiv und man versucht, die Jobs mit neuen Bezeichnungen aufzuwerten“, das ist die Theorie von Ursula Löffler, Wirtschaftspsychologin beim Personalberater Hill Woltron. Man will Berufe interessanter machen und junge Bewerber ansprechen – vielleicht sogar aus dem Ausland. Deshalb setzen Arbeitgeber verstärkt auf englische Begriffe, meint sie. Bei der Suche nach Arbeitskräften könnte das ein Vorteil sein, stimmt Gerlinde Mautner zu. „Die harten Motivationsfaktoren reichen nicht mehr – das kommt in vielen Diskursen klar hervor. Gesucht werden menschliche, angenehme und wertschätzende Arbeitsatmosphären mit weniger Hierarchien“, sagt sie.

Und mit den richtigen Worten kann man genau diese Atmosphäre betiteln. Deshalb ist in Jobausschreibungen von „Playgrounds“ für Mitarbeiter die Rede, von „Employee Life Cycles“, die „State of the Art“ sind. Mit solchen Begriffen versucht man, nüchterne, klassische Berufe dynamischer und moderner zu machen. Ob die Realität da mithalten kann?

Ein Etikettenschwindel?

Nicht jede Jobumbenennung muss ein Schwindel sein, stellt Mautner klar. Manchmal passt der neue Titel einfach besser zum Berufsbild. Problematisch wird es, wenn die Lücke zwischen Anspruch und Realität zu groß ist oder unangenehme Aspekte verschleiert werden. „Marmelade wird nicht automatisch besser, nur weil ein Premium-Etikett auf das Glas geklebt wird“, sagt sie. „Verdienen Reinigungskräfte durch den Titel ,Hygiene Operative‘ tatsächlich mehr Geld? Verbessern sich dadurch ihre Arbeitsbedingungen?“

Mitarbeiter mit falschen Erwartungen anzulocken und dann mit unveränderten Strukturen zu überraschen, komme auch laut Ursula Löffler nicht gut an. „Jobtitel hängen stark von der Firmenkultur ab. Sie müssen dazupassen“, sagt sie. Ein „Feel Good Manager“ in einem traditionellen, familiengeführten KMU wirke unauthentisch. Aber: Man erregt Aufmerksamkeit und regt ein Gespräch …read more

Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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