
Nach der längsten wirtschaftlichen Durststrecke in der Zweiten Republik erwarten die führenden heimischen Wirtschaftsforscher für heuer ein Mini-Wachstum von 0,5 Prozent und für 2026 bzw. das Jahr darauf einen leichten Aufschwung. Ist das schon das Licht am Ende des Tunnels?
Noch nicht wirklich, denn die strukturellen Probleme des Landes vom Budget bis zur Wettbewerbsfähigkeit, vom Pensions- bis zum Gesundheitssystem bleiben vorerst bestehen. Aber die Zuversicht nimmt zu, auch auf der Regierungsbank.
Dennoch: Die erwartete Konjunkturerholung mit Wachstumsraten in der Größenordnung von einem Prozent oder leicht darüber ist nicht kräftig genug, um das Budget quasi von selbst, also über höhere Steuereinnahmen zu sanieren. Vielmehr muss der Staat auf die Ausgabenbremse steigen – ohne das zarte Konjunkturpflänzchen zu zertreten, sagt WIFO-Chef Gabriel Felbermayr.
Zudem muss der Staat die leichte Erholung für die nötigen Strukturreformen – etwa eine Anhebung des Pensionsantrittsalters – nutzen, sagt IHS-Chef Holger Bonin. Und meint daher: „2026 muss das Jahr entscheidender Weichenstellungen werden.“
Das sehen auch Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung so. Der Ruf nach Reformen zur Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes wird immer lauter.
Angstsparen
Wenn der Staat seine Ausgaben zurückfährt – etwa indem der Förderdschungel gelichtet wird – müssen Privatwirtschaft sowie private Haushalte einspringen, also mehr ausgeben, damit das BIP wachsen kann. WIFO und IHS gehen davon aus, dass das 2026 und 2027 gelingt.
Bei den Konsumenten sollte das Angstsparen deutlich nachlassen. In der Industrie, im Tourismus und in der Bauwirtschaft sollten wieder reale Zuwächse möglich werden. Felbermayr spricht schon von einer „Trendwende“.
Freilich steckt in dieser Erwartung angesichts der geopolitischen Unsicherheiten und den vielen Handelskonflikten, vor allem zwischen den USA und China, auch eine Portion (Zweck-)Optimismus. Felbermayr sagt: „Der Zollhammer von Trump könnte jederzeit neue Breschen schlagen.“
Neben dem „viel zu hohen“ Budgetdefizit von vier Prozent und mehr, bleiben der Arbeitsmarkt und die Inflation die größten Sorgenkinder. Zwar sinkt im kommenden Jahr die Teuerungsrate von heuer 3,5 auf dann 2,5 (IHS) bis 2,6 Prozent (WIFO). Das heißt freilich nicht, dass die Preise auf breiter Front sinken, sondern lediglich, dass sich die Preissteigerungen abschwächen. Auch die Arbeitslosigkeit bleibt mit relativ konstanten 300.000 Betroffenen hoch.
Die verhaltene internationale Konjunktur und Strukturprobleme im Inland führen dazu, dass die konjunkturelle Erholung in Österreich deutlich hinter früheren Aufschwungphasen zurückbleibt, kommentiert Claudia Huber, Chefökonomin der Wirtschaftskammer.
Aufschwungsillusion?
Auch die Industriellenvereinigung (IV) mahnt deshalb Reformen ein, wie ein Koppeln des Pensionsantrittsalters an die steigende Lebenserwartung. Das hat zuletzt auch Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt gefordert.
„Wir dürfen angesichts vermeintlich zartpositiver Aussichten nicht in eine Aufschwungsillusion fallen, zumal wir auch die künftigen geopolitischen Unwägbarkeiten nicht abschätzen können. Umso wichtiger ist es, den Wirtschaftsstandort Österreich jetzt konsequent auf Vordermann zu bringen“, sagt IV-Generalsekretär Christoph Neumayer.
Finanzminister Markus Marterbauer freut sich trotz der Aufforderungen, sich noch mehr anzustrengen, über die leicht angehobenen Prognosen. Er sei „aber erst zufrieden, wenn Budgetdefizit, Arbeitslosigkeit, Inflation und Treibhausgasemissionen merklich zurückgehen“.
Source:: Kurier.at – Wirtschaft



