Banker Helmut Bernkopf: „Der Standort ist zu teuer geworden“

Wirtschaft

Der Chef der Oesterreichischen Kontrollbank bemerkt eine schleichende Absiedelung heimischer Produktionsstätten. Auch, um von Strafzöllen geringer betroffen zu sein.

Die Oesterreichische Kontrollbank (OeKB)  als Dienstleister für heimische Betriebe bei ihren Tätigkeiten im Ausland   spürt an vorderster Front die Entwicklungen der Weltwirtschaft.  Vorstandschef Helmut Bernkopf erklärt im KURIER-Interview u. a. die Folgen der US-Zollpolitik und des Ukraine-Kriegs für Österreichs Unternehmen. 

KURIER: Die USA schocken die Weltwirtschaft derzeit mit Strafzöllen. Was bedeutet das für Österreichs Exporteure?

Helmut Bernkopf: Unser Wirtschaftswachstum wäre davon mit rund 0,25 Prozentpunkten betroffen. Die Exportbilanz war in den letzten Jahren sehr positiv und es ist unser zweitgrößter Markt hinter Deutschland. Gerade im Automotivebereich haben wir sehr viele Investitionen begleitet und beobachtet. Die Beteiligungsfinanzierung für Produktions- und Vertriebsaktivitäten in den USA hat schon unter Trumps erster Amtszeit sehr stark zugenommen. Nicht abschätzbar sind die Folgen für Mexiko und Kanada. Es gibt nur bedingt volkswirtschaftlichen Modelle für solch erratischen Zugänge. Gut ist es aber auf keinen Fall. Wirtschaft braucht Klarheit, Planbarkeit und Rechtssicherheit. Ich habe noch nie so oft zwischen 5 und 6 Uhr in der Früh nachgeschaut, was in der Nacht passiert ist. Es kann sich täglich etwas ändern.

Sind die Unternehmen, die sich seit längerem direkt vor Ort engagieren, im Vorteil?
Absolut. Das wird in großen Volkswirtschaften immer wichtiger, weil man damit von Zöllen und Sanktionen geringer betroffen ist.

Bei Russland hat man sich damit aber verkalkuliert.
Ja, wobei existenzbedrohend ist es nur für die, die ausschließlich auf diesen Markt gesetzt haben. Das ist nie gut. Unsere große Abhängigkeit von Deutschland ist aktuell auch ein Nachteil. Das sagt sich allerdings immer sehr leicht, KMU tun sich halt am leichtesten in der Heimat und am zweitleichtesten beim Nachbarn. Die Osterweiterung war daher sehr wichtig. Hier ist die Frage, ob wir dort schon alles ausgereizt haben, denn diese Volkswirtschaften wachsen doppelt so schnell wie der Westen. Da gibt es noch große Chancen. Aber auch in Lateinamerika oder asiatischen Ländern wie Indien gibt es immenses Potenzial für Unternehmen, die die Möglichkeit haben, in solche Märkte vorzudringen.

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Welche Rolle spielt dabei die OeKB?
Wir sehen uns als Stütze der Exportwirtschaft und agieren dabei zunehmend auch proaktiv. So bieten wir beispielsweise ausländischen Banken oder großen Projektentwicklern flexible Finanzierungslinien für Einkäufe von Waren oder Dienstleistungen aus Österreich. Mit diesen „Shopping Lines“ können wir gerade auch KMU den Zugang zu neuen Wachstumsmärkten und großen Projekten erleichtern. Das entwickelt sich sehr positiv.

Bedeutet die zunehmende Vor-Ort-Produktion eine Gefahr für  den Standort Österreich?
Ja, die schleichende Absiedelung passiert ja gerade, weil der Standort zu teuer geworden ist. Aber auch wegen der Genehmigungsverfahren, das ist ein Knackpunkt. Die sind teilweise so mühsam, dass man die Produktion lieber woanders macht. Das ist wohl das leichteste, wo man politisch gegensteuern könnte. Das Bekenntnis der neuen Bundesregierung zum Wirtschaftsstandort ist sehr groß. Wie schnell sich das im föderalistischen Österreich umsetzen lässt, wird man in ein bis zwei Jahren an den Taten messen. Die Komplexität hat man in Europa geschaffen und hier verschärft, Stichwort Gold Plating.

Wie steht die heimische Wirtschaft aus Ihrer Sicht da?
Die Energiekosten sind schon vor dem Krieg in der Ukraine …read more

Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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