Künstliche Intelligenz ersetzt Tutoren auf Lernplattformen. Das revolutioniere den Nachhilfemarkt und verändere die Geschäftsmodelle, sagt GoStudent-Gründer Felix Ohswald
Die Tutorin heißt Amelia, beantwortet in Sekundenschnelle Fragen zu bestimmten Lerninhalten, schaut eingescannte Hausaufgaben durch und macht vor allem niemals Pause. Amelia ist kein Mensch, sondern eine Künstliche Intelligenz, die mit Lernstoff trainiert wurde, komplexe Fragen beantwortet und zum Selbststudium anregt.
Die Lernplattform „GoStudent Learning“ bietet diese KI-Nachhilfe bereits seit einigen Monaten an und ergänzt damit das bestehende Angebot. „KI revolutioniert gerade den Nachhilfemarkt und macht dadurch Bildung noch viel mehr Menschen zugänglich“, sagt GoStudent-Mitgründer und Chef Felix Ohswald zum KURIER.
Während bei Einzelnachhilfestunden ein Trainer zwischen 13 und 18 Euro pro Stunde erhalte, könne KI-Nachhilfe schon ab 1 Euro angeboten werden. Nachhilfe sei dadurch auch für Familien mit geringerem Einkommen erschwinglich.
GoStudentNeue Gratis-Konkurrenz
GoStudent ist längst nicht das einzige Portal, auf dem KI-Tutoren unterrichten. Auf Youtube sind unzählige Videos von KI-Tutoren mit Physik- oder Mathematik-Lehrinhalten finden. Viele davon gratis. Für Nachhilfeportale wird es daher immer schwieriger, mit ihrem etablierten Geschäftsmodell Geld zu verdienen. In der Branche kam es heuer zu einer Marktbereinigung.
Ohswald sieht die Gratis-Konkurrenz als niederschwelligen Einstieg zu höherwertigen Angeboten mit persönlicher Ansprache. Gerade schwächere Schüler würden persönliche Betreuung benötigen, das werde auch in Zukunft nicht ohne Lehrer gehen. Lernplattformen müssten daher auf hybride Geschäftsmodelle mit unterschiedlichen Online- und stationären Angeboten in Lerninstituten setzen.
GoStudent erweiterte zuletzt sein Angebot durch die Übernahme der KI-gesteuerten Content-Plattform Seneca Learning, des Nachhilfe-Marktplatzes Tus Media und des Nachhilfeunternehmens Studienkreis. Grundsätzlich sei der Nachhilfemarkt weiter wachsend. „Mittlerweile sucht jede zweite Familie in Europa Nachhilfeunterricht.“
GoStudentMehr Ausschreibungen
Wachstumspotenzial für private Schulungsanbieter gebe es auch im öffentlichen Bildungssektor durch mehr Ausschreibungen. „Wir zahlen in Österreich pro Jahr 15.000 Euro Steuergeld pro Schüler. Wenn es hier mehr Wettbewerb gäbe, könnte man zur Hälfte der Kosten doppelt so gute Ergebnisse abliefern“, glaubt Ohswald. Als Beispiel nennt er Deutschland, wo Nachhilfe für Familien, die Wohngeld beziehen, von der öffentlichen Hand bezahlt wird.
Daher gebe es immer wieder Ausschreibungen für Nachhilfestunden, wo sich private Anbieter bewerben könnten. Über solche Förderprogramme bediene GoStudent mehr als 20.000 Schüler. In Österreich würden hingegen meist etablierte Anbieter wie die Volkshochschulen profitieren und neue Anbieter nicht zum Zug kommen. „Mehr Wettbewerb würde hier eine bessere Qualität schaffen.“
Nach der vor zwei Jahren begonnenen Restrukturierung, samt Stellenabbau und USA-Rückzug, will GoStudent heuer operativ schwarze Zahlen schreiben. Für das Geschäftsjahr 2022 wurde noch ein Verlust von 221 Mio. Euro ausgewiesen. Das hybride Geschäftsmodell soll 2025 auch wieder Umsatzzuwächse bringen. In den nächsten drei bis vier Jahren sei auch ein Börsengang möglich. Neue Finanzierungsrunde ist vorerst keine geplant. Seit 2022 wurden 675 Mio. Euro bei Investoren eingesammelt.
Source:: Kurier.at – Wirtschaft