
An der Bar wird kein Alkohol ausgeschenkt. Dort, wo Falco sein zweites Zuhause hatte, Nirvana ein legendäres Konzert spielte, tanzen jetzt Zwölf- bis Fünfzehnjährige, ganz ohne ihre Eltern. Zumindest einmal im Monat. Sie sollen wieder lernen fortzugehen, sagt der U4-Chef Michael Gröss zum KURIER. Das Event namens „Level One“ ist eines von vielen auf dem prallen Programmplan des Wiener Kultclubs. Die Ü-40-Jährigen treffen sich zweimal monatlich ab 18 Uhr zum „Shorty Forty“, Großeltern schwingen beim „Klub 66“ das Tanzbein. Für Frauen und weiblich gelesene Personen ist „early Eve“ die Adresse, gefolgt von der „Slay“-Eventreihe mit Fokus auf die queere Gemeinschaft.
„Wir grasen jedes Feld ab“, sagt Gröss deutlich. Denn die Nachtgastronomie steckt in der Krise. Es wird weniger und kürzer ausgegangen, getrunken, konsumiert. Dem gegenüber stehen hohe Energie- und Personalkosten. Corona war nur ein „Brandbeschleuniger“, sagt der U4-Chef, „aber es hat schon früher begonnen.“
Ist ein Clubsterben in Aussicht?
Ende 2019 gab es laut Wirtschaftskammer Wien noch 666 Gewerbeberechtigungen für Tanzlokale und Diskotheken in der Hauptstadt. Jetzt, Stand drittes Quartal 2025, sind es nur mehr 620. Die halten sich relativ stabil, auch wenn manchmal die Betreiber wechseln oder prominente Insolvenzen wie jene der Kultdisco Bettel-Alm ein düsteres Bild zeichnen. Von einem „Clubsterben“ kann aber aktuell nicht die Rede sein, bestätigt Martina Brunner. Sie ist Geschäftsführerin der Vienna Club Commission, eine Servicestelle, die die Nachtgastro seit der Pandemie unterstützen soll.
Ein Wegfallen von Clubs wäre für Brunner fatal. „Clubkultur und Nachtleben sind ein essenzieller Punkt, um als Stadt attraktiv zu sein.“ Neben dem sozialen und kulturellen Mehrwert handle es sich um einen „extrem wichtigen Wirtschaftsfaktor, weil viele dort arbeiten und eine Wertschöpfungskette daran hängt.“ Als wirtschaftliche Maschine dürfe man Clubs dennoch nicht mehr betrachten, ist Brunner überzeugt. Denn Zeiten haben sich geändert und Abwarten und Aussitzen wird nicht funktionieren, erkennt auch Clubbetreiber Gröss. „Es wird nicht wieder wie vor zwanzig Jahren“, sagt er. Auch deshalb, weil das „Grundgeschäftsmodell ein Problem hat.“
Das U4 setzt auf ein neues Geschäftsmodell
Womit ein Club primär sein Geld verdient hat? Mit den „fünf bis sechs Longdrinks“ pro Person, sagt Michael Gröss. Sprich: Mit den Mischgetränken und Spirituosen, die deutlich zurückgehen und keine antialkoholische Alternative abfedern kann. Wie also den Umsatzverlust kompensieren?
Mit Masse, neuen und vielleicht kaufkräftigeren Zielgruppen, die jedoch erst angesprochen werden müssen. „Hier gibt es viel Potenzial“, sagt Martina Brunner. Jedoch müsse man das richtige Angebot erst schaffen, Öffnungszeiten auf die Bedürfnisse jeder Zielgruppe abstimmen. Das U4 macht das und fährt seit knapp drei Jahren eine ausgefeilte Eventschiene.
„Unser Hauptjob ist Marketing, Kommunikation und Programmgestaltung“, sagt Gröss. „Wir haben den fünffachen Personalaufwand, um das Gleiche zu erreichen wie vorher.“ Die Ansprüche der Gäste würden das einfordern. „Es reicht nicht mehr, Party zu machen und sich zu treffen. Man will von vorne bis hinten unterhalten werden“, so Gröss. Wird das geboten, ist der Kunde weniger preissensibel. Das U4 ist mittlerweile bei Eintrittspreisen zwischen acht und 14 Euro angelangt. Auch der Volksgarten, Wiens älteste Diskothek, musste im Juni seine Eintrittspreise erhöhen, sagt Clubmanager Ali Pasha. Jetzt zahlen die Gäste 18 Euro für ihren …read more
Source:: Kurier.at – Wirtschaft



