Nach Kündigungen: Lieferando lockt freie Dienstnehmer

Wirtschaft

Der Essenszusteller, der seine 850 Angestellten kündigt, umgarnt in sozialen Netzwerken freie Dienstnehmer mit vermeintlichen Zuckerl.

Der Essenszusteller Lieferando kündigt 850 angestellte Lieferanten – und schaltet nun auf Social Media neue Anzeigen, die freie Dienstnehmer locken sollen. Denn auf dieses Geschäftsmodell will Lieferando umstellen. Grund sei, dass die Konkurrenz nie angestellt habe. Bei Foodora oder Wolt gab es stets nur freie Dienstnehmende. 

Ab 16. April und bis 30. Juni zahlt Lieferando nun jedem neuen freien Dienstnehmer 2 Euro extra je erfolgreicher Bestellung, um Personal zu finden. „Verdiene schnell zusätzliches Geld und passe das Liefern an deinen Lebensstil an“, heißt es in der Anzeige. Oder: „Wähle deinen eigenen Zeitplan und reiche jede Woche deine Verfügbarkeiten ein.“ 

Weniger Rechte

Wie viel man verdienen kann, geht aus den Schaltungen nicht hervor, das hängt als freier Dienstnehmer davon ab, wie viel man strampelt. Ob es je Lieferung auch grundsätzlich eine fixe Summe gibt, geht aus den Inseraten nicht hervor, dafür heißt es dort: „Lass dich zu deinen Bedingungen auszahlen!“ 

Jedenfalls gibt es ohne Anstellung viel weniger Rechte, wie die Gewerkschaft nicht müde wird zu betonen. Derzeit wird ein Sozialplan für die zur Kündigung bereits beim AMS angemeldeten Menschen verhandelt. 

Eigenes Rad, eigenes Smartphone, eigene Daten 

Bevor man starten könne, so Lieferando in den Inseraten, braucht man selber ein (E-)Fahrrad, ein Smartphone inklusive Datentarif für die Firmen-„Courier-App“ und muss 18 Jahre alt sein. Auch ein Firmen-Kit mit Jacke, Rucksack, Helm kann im „Courier-Shop“ bestellt werden. Eine Verwendung ist nicht Pflicht, die Ausrüstung muss aber „Mindestsicherheitsanforderungen“ entsprechen. 

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Kritik an „Scheinselbstständigkeit“

Lieferando ist Tochter der Firma Just Eat Takeaway mit Sitz in Amsterdam. Gewerkschaft kritisiert „Scheinselbstständigkeit“ Die Beschäftigten bei Lieferando profitierten bald nicht mehr vom hart erkämpften Kollektivvertrag, weil die Konkurrenz dem Beispiel nicht folgen wollte, bedauerte zuletzt ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. 

„Werden die als Selbstständige weiter beschäftigt, arbeiten sie vermutlich in Scheinselbstständigkeit, also ohne Mindestlöhne, ohne Anspruch auf bezahlte Freistellung bei Krankheit oder Urlaubsanspruch, ohne Kündigungsschutz und ohne Urlaubsanspruch.“ 

Kollektivvertrag

In Österreich gibt es seit Anfang 2020 einen Kollektivvertrag (KV) für Fahrradzusteller. Der ist zwar wenig lukrativ, sichert einem aber die erwähnten Arbeitnehmerrechte. Seit Anfang 2023 liegt das monatliche kollektivvertragliche Vollzeit-Bruttoeinkommen für Fahrradboten bei 1.730 Euro (netto 1.440 Euro). Zum Vergleich: Die Armutsgefährdungsschwelle lag laut Statistik Austria im Jahr 2023 bei 1.572 Euro für einen Einpersonenhaushalt pro Monat. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor. 

Drängen auf Umsetzung von EU-Richtlinie

Um dieser „modernen Ausbeutung“ entgegenzuwirken, wurde im Vorjahr 2024 die EU-Richtlinie für Plattformarbeit beschlossen, wonach der Plattformbetreiber die Selbstständigkeit beweisen muss. „Diese Beweislastumkehr war eine zentrale Forderung der Gewerkschaften in Europa“, so Katzian. 

„Die EU-Mitgliedsländer haben bis Dezember 2026 Zeit, die Richtlinie umzusetzen: Das muss aber schneller passieren, die Zeit drängt.“ Sozial- und Arbeitsministerin, Ex-Gewerkschafterin Korinna Schumann (SPÖ) habe ein rasches Vorgehen der schwarz-rot-pinken Bundesregierung zugesagt, hatte es am Tag der großen Demo der zu Kündigenden am 1. April in Wien geheißen.

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Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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