Personalprofi: Fachkräftemangel ist „größte Bedrohung“ für Wirtschaft

Wirtschaft

Humanus-Chef Philipp Erik Breitenfeld hält qualifizierte Arbeitsmigration für das Gebot der Stunde. Und hat sie zum Geschäftsmodell gemacht.

Die Arbeitslosigkeit steigt weiter an, doch die Lage ist höchst „zwiegespalten“,  fasste Arbeitsminister Martin Kocher am Montag zusammen.  Hier wird –  in der Regel weniger qualifiziertes – Personal abgebaut, dort qualifizierte Kräfte händeringend gesucht.   Jetzt in der Wirtschaftsflaute Fachkräfte abzubauen, könnte sich aber bitter rächen, mahnt der deutsche Recruiting-Experte Philipp Erik Breitenfeld  im Gespräch mit dem KURIER.  

„Unternehmen, die heute Fachkräfte kündigen, werden morgen keine mehr finden“, ist  der Gründer und Chef des deutschen Personaldienstleisters Humanus überzeugt. Angesichts der demografischen Entwicklung in Mitteleuropa  hält er den Fachkräftemangel für die „größte Bedrohung der Wirtschaft in der Nachkriegszeit“, aber das sei noch immer nicht allen Betrieben bewusst. 

Staudacher Anita

Humanus-Chef Philipp Erik Breitenfeld

Zu hohe Hürden

Kritik übt der  Autor des Sachbuches „Wohlstandskiller Fachkräftemangel“ an den nach wie vor hohen formalen und bürokratischen Zuwanderungshürden für qualifizierte Kräfte in Deutschland und in Österreich – Stichwort Rotweißrot-Karte. Für Drittstaaten-Angehörige sei es „leichter in das Sozialsystem einzuwandern als in der Arbeitsmarkt“.

Andere Länder hätten die Problematik längst erkannt und die Hürden gesenkt. Hierzulande  sei trotz Schrumpfung der Wirtschaft der Leidensdruck offenbar noch nicht groß genug. „Aber wenn die Firmen kein Personal mehr finden, können sie nur zusperren“. 
Arbeitsminister Kocher will mit der neuen Qualifikationsdatenbank das Verfahren für Rot-Weiß-Rot-Karten  zumindest für ausgewählte Länder etwas beschleunigen. 

Eigenes Geschäftsmodell 

Nur wie findet und rekrutiert man diese gefragten Arbeitnehmer im Ausland?  „Indem man hingeht und sie direkt anspricht“, sagt der Humanus-Chef, der  vor elf Jahren die Arbeitsmigration zu seinem Geschäftsmodell gemacht hat und nun in Österreich voll durchstartet.

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Das Unternehmen mit Sitz im bayrischen Nördlingen  holt für heimische Industrie- und Handwerks-Betriebe Facharbeiter aus Osteuropa, vornehmlich Polen, der Slowakei  und Ungarn  sowie Indonesien oder Vietnam nach Österreich. Die Suche im Inland mache keinen Sinn mehr. „In fünf Jahren wird es den lokalen Arbeitsmarkt nicht mehr geben“, glaubt Breitenfeld. Das klassische Modell der Arbeitskräfteüberlassung hält er für überholt, der Markt schrumpfe und Anbieter könnten nur noch in Nischen überleben.

Bleibeperspektiven 

Ziel von Humanus ist  kein Hire-and-Fire, sondern eine „nachhaltige Rekrutierung“ für den Kunden.   Der Dienstleister sucht den persönlichen Kontakt vorort, kümmert sich um Sprachkurse, hilft   beim so genannten On-Boarding, also bei der Suche nach einer Wohnung und dem Familiennachzug. Nur wenn es für die Migranten längerfristige Bleibeperspektiven gebe und sie sich willkommen fühlen, würden sie sich für ein Land entscheiden, weiß Breitenfeld.  

Erste Kunden in Österreich

Humanus wurde vor elf Jahren gegründet und beschäftigt in Deutschland 950 Mitarbeiter. 8.000 Arbeitskräfte seien bereits rekrutiert worden, 80 Prozent davon sind nach wie vor in Deutschland beschäftigt. Heuer erfolgte der Markteintritt in Österreich, wo derzeit 10 Mitarbeiter beschäftigt sind. 

100 Fachkräfte konnten hierzulande vermittelt werden, etwa  Bäcker an die Firma Mann oder Maschinenbauer an die ÖBB. Im nächsten Jahr will Humanus zumindest 500 Vermittlungen schaffen. Nicht viel angesichts von mehr als 100.000 offenen Stellen, doch Breitenfeld geht es nicht um Quantität, sondern Qualität. „Wir sind kein Billiganbieter und es geht uns auch darum, dass die Arbeitskräfte gut, also nach Kollektivvertrag, bezahlt werden“. 

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Source:: Kurier.at – Wirtschaft

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