Treichl über Trump: „Da kommt eine extrem kapitalistische Welle auf uns zu“

Wirtschaft

Der frühere Spitzenbanker über die USA unter Trump, Europas Weg und das Problem, in Österreich das wirtschaftliche Ruder herumzureißen

Treichl plädiert unter anderem für den Aufbau einer EU-Verteidigungsindustrie und macht sich für eine Pensionsreform mit Kapitalmarkt-Elementen stark.

KURIER: Die Wirtschaftsforscher erwarten einen Mini-Aufschwung für 2025. Sieht es nicht eher nach einem dritten Rezessionsjahr aus? Sparpaket, Trumps Zölle, Krisen in aller Welt … 

Andreas Treichl: Es schaut nicht extrem gut aus momentan. Bei einer Rezession kommt es immer zu Nachwirkungen. Was wir in den letzten Wochen inklusive KTM erlebt haben, sind keine guten Vorzeichen und zeigt, dass wir massive Strukturprobleme haben. Ich sehe relativ wenig in den Berichten über die Koalitionsverhandlungen, dass etwas getan wird, um einen Wirtschaftsaufschwung herbeizuführen. Also nehme ich an, dass 2025 ein extrem hartes Jahr werden wird.

Es dreht sich alles um das Budgetloch. War die Gießkannen-Politik ein Fehler? Von Corona bis zur Inflation: „Koste es, was es wolle“ …

Da war nicht alles ein Fehler, aber wenn man sich die Beträge anschaut, die da ausgeschüttet wurden – 50 Milliarden plus – und die Auswirkungen davon, dann hat es nicht wirklich viel gebracht. Wir haben sicher unter den europäischen Staaten nicht das beste Paket geschnürt. Und das ist mit einer der Gründe, warum Österreich 2024 zu den Allerschwächsten in Europa gehört hat. Es wird sehr schwer sein, diesen Trend 2025 umzudrehen.

Sie machen sich für eine Pensionsreform mit kapitalgedeckten Elementen stark. Trauen sie ÖVP, SPÖ und Neos neben der Konsolidierung die Kraft für solch ein Mega-Projekt zu?

  Last Minute im Grätzel: Hingehen lohnt sich (für alle)

Der Ansatz müsste ihnen eigentlich liegen. Voraussetzung ist, dass ideologische Hürden genommen werden und einige in den Parteien ihre notorische Angst vor dem Kapitalmarkt aufgeben, die wirklich schädlich ist für die Vermögensbildung in diesem Land. Den großen Wurf traue ich ihnen nicht zu. Aber zumindest einige Reparaturen bei der staatlichen Säule und vor allem bei der betrieblichen Säule. Da sehe ich eine echte Chance.

Woran denken Sie?

Die zweite Säule zu verbessern ginge relativ schnell. Man hätte hier die Chance, über den Kapitalmarkt etwas aufzubauen, das alle Pensionsdebatten der Zukunft wesentlich erleichtern würde. Wenn wir es nämlich schaffen, über die Pensionskassen ein Vermögen für den breiten Mittelstand der Arbeitnehmer in diesem Land aufzubauen. Derzeit haben wir etwas über eine Million Anspruchsberechtigte bei den Pensionskassen bei mehr als vier Millionen Arbeitnehmern. Das ist viel Luft nach oben.

Neos unterstützen das, bei ÖVP und SPÖ bin ich mir nicht mehr so sicher.

Gerade ÖVP und SPÖ müssten realisieren, warum sie so schwach in diese Regierungsbildung gekommen sind. Beide Parteien haben massiv Stimmen verloren und haben diese Stimmen massiv im Mittelstand verloren. Vor 30 Jahren, als SPÖ und ÖVP noch die stärksten Parteien in Österreich waren, hat es sich zum Beispiel ein Polizist leisten können, ein Haus zu bauen. Jetzt braucht ein Polizist nicht einmal davon träumen. Außer er hat geerbt.

Defizitverfahren – ja oder nein? Müsste die Frage nicht lauten: Wo kommt neues Wachstum her, wo die Wettbewerbsfähigkeit?

Das ist ein Zustand, der sehr typisch ist. Wenn Politiker keine großen Ideen oder Pläne haben, fangen sie an, über Nebensächlichkeiten zu reden. Bei dem Zustand, in …read more

Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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