„Astoria“: Besonders plastische Vision mit Diktatorenkröte in Blau

Kultur

Jura Soyfers Farce – bravourös bestritten von Angelo Konzett, Markus-Peter Gössler und Jana Schulz im Schubert Theater

Simon Strauß (aus Deutschland) und Zino Wey (aus der Schweiz) spielten sich im Sommer als Wiederentdecker von Jura Soyfer auf, der in mehr als 30 Sprachen übersetzt wurde: Sie bezeichneten dessen „Weltuntergang“ als „vergessenes Stück“. Und die Salzburger Festspiele boten ihnen für diese Behauptung eine Bühne. Doch vor einem Jahr hatte der „Weltuntergang“ (aus 1936) in der Theaterarche Premiere. Und nun setzte das Schubert Theater mit „Astoria“ (aus 1937) nach.

barbara palffy

In dieser Farce imaginiert der Vagabund Hupka ein Paradies mit beheizten Straßen, damit die Obdachlosen nicht frieren. Doch die Sache verselbstständigt sich. Korrupte Menschen bezeugen die Existenz des Staates Astoria und „entsandte Sonderkorrespondenten“ erfinden „Fake News“, wie man heute sagen würde.

88. Geburtstag

Immer mehr Notleidende nehmen die Heilsversprechen für bare Münze: Sie bemühen sich verzweifelt um ein Visum, können aber leider nicht alle Dokumente beibringen. So ging es vielen Juden, die ab 1933 aus Deutschland fliehen wollten.

Hinzu kommt, dass Hupka seine Seele als erster Bürger von Astoria einem Teufel verkauft hat, der gerade seinen 88. Geburtstag feiert. Die 88 steht ja für HH bzw. „Heil Hitler“. Diesen Teufel modellierte Annemarie Arzberger als hinreißend hässliche Diktatorenkrötenklappmaulpuppe im blauen Gewand. Es gibt auch eine wunderbar sentimentale Szene zwischen dem Gesellen Paul und der Prostituierten Rosa (als lebensgroße Handpuppen), die sich mit dem Schlager „Irgendwo auf der Welt …“ nach Astoria träumen. Und einen besonderen Gag gibt es gleich zu Beginn, wenn Hupkas Fantasie als besonders „plastische Vision“ real wird.

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Die 90-minütige Produktion – bravourös bestritten von Angelo Konzett, Markus-Peter Gössler und Jana Schulz – hinterlässt dennoch einen zwiespältigen Eindruck. Denn Regisseurin Christine Wipplinger glaubte, viele wunderbare Soyfer-Sätze streichen und durch fremdes Material (z. B. von Johann Nestroy) ergänzen zu müssen. Auch die Aktualitätsbezüge (samt Café Jelinek) hätte es nicht gebraucht.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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