Glänzende Wiederaufnahme von Benjamin Brittens „Billy Budd“ an der Wiener Staatsoper.
Eines gleich vorweg: für die Rezensentin ist Benjamin Brittens Vertonung von Melvilles Roman „Billy Budd“ untrennbar mit Neil Shicoff verbunden. Einzigartig verkörperte der Ausnahmetenor den Kapitän Vere in der Premiere 2001 und noch zehn Jahre später in der bis dato letzten Vorstellung von Willy Deckers Glanzproduktion.
In der Wiederaufnahme ist Gregory Kunde als Edward Fairfax Vere zu erleben. Wenn der auf die Ereignisse, die sich im Jahr 1797 auf der Indomitable zutrugen, zurückblickt, geht das durch und durch. Der Tenor, der im Februar 70 wurde, ist ein famoser Gestalter. Zwischen Resignation und Selbsttröstung ist in seinem Epilog alles zu finden.
Eine Kritik von Susanne Zobl
Lichtblick
Neben Kunde agieren fast nur Rollendebütanten wie Huw Montague Rendall. Der gebürtige Brite bringt für Billy Budd alles Idealtypische mit. Ausstrahlung, Charme, die Fähigkeit, sich vom Lichtblick zum Karrieristen zu wandeln, und einen Bariton mit wundersam warmen, dunkelgolden leuchtendem Timbre und beste Anlagen zum Phrasieren. Unfassbar berührend gerät sein Monolog vor der Hinrichtung. Mit stupender Natürlichkeit verkörpert er diesen jungen Seemann, dem die Herzen aller Männer an Bord zufliegen, fatalerweise besonders das des Waffenmeisters.
Das einzige Mittel gegen seine Zuneigung zu diesem jungen Mann sieht er in dessen Vernichtung. Er wirft ihm das Schlimmste, Anstiftung zur Meuterei vor. Billy verschlägt es die Sprache und schlägt zu, Claggart fällt tot um. Vere, der einzige Zeuge, hätte Billy retten können, zieht es aber vor, ihn hängen zu lassen. Adrian Eröd besticht mit seinem noblen Bariton als Redburn.
Wolfgang Bankl überzeugt ungebrochen als Flint. Brindley Sherratt ist als intriganter Claggart ein dämonischer Jago zum Quadrat. Das drückt er auch mit den dunklen Farben in seiner Stimme überwältigend scharf aus. Auch die kleineren Rollen sind ausnahmslos gut besetzt. Famos der Staatsopernchor.
© Wiener Staatsoper / Sofia Vargaiová
Willy Deckers klare Inszenierung, zeigt die Beklemmung auf dem Schiff, die Mark Wiggelsworth bei seinem Debüt am Pult des sehr gut disponierten Staatsopernorchesters phänomenal zur Musik werden lässt. Verstörend stark würdigt er in den Orchesterzwischenspielen den Musikdramatiker Britten. Jede Nuance dieser Partitur, das Wogende oder das Aufblitzen einer vermeintlichen Heiterkeit in den Swing-artigen Tanzpassagen, ist zu hören. Zurecht viel Jubel für diese glänzenden Wiederaufnahme.
Eine Kritik von Susanne Zobl
Source:: Kurier.at – Kultur