Kabarettistin Katie La Folle richtet in ihrem neuen Programm einen scharfen Blick auf ungewolltes Bürgertum, Familienmodelle und die Suche nach Sicherheit.
Warum ist der Schambereich etwas zum Schämen? Warum werden veraltete Rollenbilder auf einmal wieder populär? Und kann man den Spagat zwischen Feminismus und Mutterschaft tatsächlich schaffen, oder ist das eine schöne Utopie?
Die Kabarettistin Katie La Folle widmet sich all diesen und weiteren Fragen in ihrem neuen Programm „Rettet die Teetassen“ (Premiere am 6. November in der Kulisse Wien).
Warum sie dem weiblichen Geschlechtsteil ein eigenes Lied gewidmet hat, warum sich Familien mehr zusammentun sollten und weshalb die vermeintliche Zerbrechlichkeit der jüngeren Generationen durchaus eine Stärke sein kann, erklärt die vielseitige Künstlerin und Mutter im Gespräch mit dem KURIER.
Sie richten in ihrem neuen Programm den Blick auf „ungewolltes Bürgertum“. Was meinen Sie damit?
Man könnte auch vom „unabsichtlich gewählten“ Bürgertum sprechen. Ich erzähle von meinen eigenen Erfahrungen als frischgebackene Mutter – und wie ich selbst in vergangene Bilder und Rollen abgetaucht bin, die ich teilweise von meinen Eltern kenne. Dabei wollte ich früher immer alles anders machen als meine Eltern. Doch dann bekommt man ein Kind und findet sich selbst auf einmal in der Passivhaus-Genossenschaftswohnung, mit einem Auto in der Garage und einer Kücheninsel mitten im Wohnzimmer (lacht).
Ich erzähle mit Augenzwinkern von diesem „Bürgertum“, das zwar in einer glücklichen Lage „passiert“ ist, aber auch überraschend daherkam – da man sich selbst stets anders gesehen hat. Sobald man jedoch ein Kind hat, ist das Bedürfnis nach Sicherheit groß. Entscheidungen fallen plötzlich ganz anders aus, wenn man die Verantwortung für einen kleinen Menschen trägt.
Vergebliche Suche nach dem „Dorf“ in der Stadt
Das klingt fast nach „Neo-Biedermeier“ – ist dieses auch Thema in Ihrem Programm?
Das ist tatsächlich eine schwierige Entwicklung, insbesondere, was die Rolle der Frau betrifft. Sie wird nämlich zur Hausfrau, die eben daheim ist und sich um das „schöne Zuhause“ mitsamt Kindern kümmert. Genau das spreche ich in meinem Programm an: Man fühlt sich als Frau schnell mal „auf die Biologie zurückgeworfen“ – durch die Schwangerschaft, die Geburt, aber auch das Danach. Denn selbst wenn der Vater mit anpackt – sobald das Kind da ist, geht vorerst nur eine Person arbeiten. Und das ist hierzulande meist der Mann. Leider.
Das 3-Personen-Familienidyll als „Neo-Biedermeier“ geht genau in diese Richtung. Obwohl es heißt „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen“ und daran viel Wahres ist. Dieses „Dorf“ sucht man aber vergeblich, wenn man in einer größeren Stadt wohnt, wenn Eltern, Tanten und Onkeln nicht in der Nähe sind.
Was also tun in so einer Situation?
Es brauch meiner Meinung nach ein Umdenken: Dass sich Frauen und Familien mehr zusammentun, um ein Netzwerk aufzubauen. Genauso wie mehr hochwertige, leistbare Kinderbetreuungsplätze, ohne blöde Nachrede, wenn man die Einrichtung als „Dorf-Erweiterung“ in Anspruch nehmen möchte oder muss. Damit kann man diesem Rückzug in die „Biedermeier-Existenz“ entgegenwirken, denn die ist gefährlich für die Gleichberechtigung.
Christopher Frankl
Ein Zitat aus Ihrem Programmtext: „Die Emanzipation geht zugrunde“ in der Mutterschaft – tut sie …read more
Source:: Kurier.at – Kultur