Von einer erfolgreichen PR-Frau zum erfolgreichen Burnout: Verena Titze zeichnet in ihrem Bühnenprogramm ihren Untergang nach. Das ist selten lustig, aber gut gemacht.
Man kann nicht immer nur die ganze Zeit am Gaspedal stehen. Das gilt nicht nur für Formel-1-Fahrer, sondern auch für Erika und Max Mustermann. Ein Leben auf der Überholspur mag zwar kurzfristig ganz geil und aufregend sein, aber irgendwann machen Geist und Körper nicht mehr mit. Da helfen auch drei Energydrinks und diverse aufputschende Substanzen nichts mehr. Die Diagnose lautet dann oft: Motorschaden. Viel geht nicht mehr. Ärzte nenne es akutes Burnout. Bei Verena Titze kam dann noch die Alkoholsucht dazu. Stressabbau mit der Flasche. Keine gute Lösung. Das weiß mittlerweile auch die ehemalige PR-Frau eines heimischen Privatsenders, die am 5. Februar 2020 ausgebrannt und seit 18. September 2020 trocken ist, wie man auf ihrer Homepage nachlesen kann.
Ihren Weg ins und aus dem Burnout hat die gebürtige Niederösterreicherin bereits in ihrem 2020 veröffentlichten Buch „Burnt.Out. Hat’s in deinem Kopf schon mal gekracht?!“ festgehalten. Dazu gestaltet sie seit 2023 den Podcast „Im Rausch des Lebens“, in dem sie unter anderem mit Suchtexperte Michael Musalek über Tabuthemen wie Alkoholismus spricht. Und nun bringt die 39-Jährige ihre Geschichte auch auf die Bühne. Ihr mit dem Zusatz „kabarettistischer Crashkurs“ versehenes Programm „Erfolgreich ins Burnout“ hatte am Montagabend im Orpheum Premiere.
Tinder, Spritzwein und Stress
In dem eineinhalb Stunden dauernden Stück zeichnet Verena Titze im ersten Teil den Weg ins Burnout nach. Diese Reise Richtung völliger Erschöpfung, die einem selbst irgendwie bekannt vorkommt, macht sie an Regeln fest, an Zweizeilern, damit man sich das auch gut merken kann. Den Boomern im Saal erklärt sie dann recht witzig, was es bedeutet, wenn man von jemanden „geghostet“ wird und wie Dating-Plattformen funktionieren. Denn auch dort kann man sich gut von sich selbst, seinen Problemen ablenken. Titze berichtet über selbstgemachte Erfahrungen bei Dates, die sie mit Investmentbankern und Hipstern, die mit ihren teuren Rennrädern, schlechten Tattoos und Fotos aus der Boulderhalle nerven. Aber Frau macht weiter, wischt und wischt, datet und datet. Denn irgendwann muss er doch kommen, der Prinz … Auf Tinder und Co. lässt er sich aber selten herbeiwischen.
Verena Titze lässt in ihren gelassen und souverän vorgetragenen Ausführungen tief in die Abgründe einer Ausgebrannten blicken, die 80 Stunden die Woche arbeitet, ständig verfügbar und ständig gestresst ist, deren Chefin mit Napoleon-Komplex dauernd nervt. Zum „Runterkommen“, zur Stress- und Frustbewältigung geht sie täglich in Bars, wo dann beim Spritzwein nach Erlösung gesucht wird. Am Wochenende hält man dann Prosecco-Orgien ab und schießt sich mit Drogen aus dem Leben. Einfach mal den ganzen Druck wegballern.
Endlosschleife
Das tiefgründige, daher auch selten lustige, dafür aber gesellschafts- bzw. systemkritische Programm lockert Titze mit umgetexteten Songs von ABBA bis Helene Fischer auf. Klar fallen dabei auch einige Lacher ab, aber die bleiben einem oft im Halse stecken. In gewissen Situationen erkennt man sich selbst, oder erkennt jemanden, dem es bereits ähnlich gegangen ist. Gefangen in der Endlosschleife: sehr viel arbeiten, sehr viel trinken, …read more
Source:: Kurier.at – Kultur