
Einst jüdisches Eigentum: Wiener Kunsthändler wollen auf der TEFAF das Porträt von Gustav Klimt verkaufen – um einen stolzen Preis
Die Geschichte ist KURIER-Lesenden seit Mitte September 2015 mehr oder weniger bekannt: Nach 53-tägiger Seereise mit dem Postdampfer „Gertrud Woermann“ über Las Palmas nach Hamburg erreichte eine Gruppe des Stammes der Osu aus dem Gebiet von Ghana am 17. April 1897 Wien. Unter dem Titel „Die Goldküste und ihre Bewohner: Aschanti“ gastierte die Show-Truppe im Tiergarten am Schüttel bis zum 25. Oktober.
Wie schon im Jahr davor erregten die vermeintlichen Aschanti Aufsehen, einige von ihnen erlangten Prominentenstatus, darunter das Stammesoberhaupt: William Nii Nortey Dowuona, wie er jüngsten Forschungen nach geheißen haben dürfte, wurde sowohl von Gustav Klimt als auch von Franz Matsch porträtiert – in ein und derselben Sitzung. Klimt malte den Westafrikaner im Profil, der Kollege hingegen en face.
Das Bild von Matsch ging unter dem Titel „Nubier mit Umhangtuch“ in die Kunstgeschichte ein, jenes von Klimt wurde, mit einem Nachlassstempel versehen, 1923 als Los 53 unter dem Titel „Negerkopf“ beim Auktionshaus S. Kende versteigert. Fünf Jahre später war das Ölgemälde mit den Maßen 65,5 x 54 cm ein Exponat der Klimt-Gedächtnisausstellung in der Secession – als Leihgabe von Ernestine Klein. Sie und ihr Mann Felix Klein mussten 1938, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, aufgrund ihrer jüdischen Herkunft fliehen. Sie überlebten nach einer Odyssee durch halb Europa in Monaco.
Was mit dem Bild passierte, ist ungeklärt. Der gegenwärtige Besitzer meldete sich 2021 oder 2023 (die Angaben divergieren) aufgrund der KURIER-Berichterstattung. Die Wiener Kunsthändler Wienerroither und Kohlbacher witterten das große Geschäft – und gedachten das Porträt 2024 auf der TEFAF in Maastricht zu verkaufen. Das Bildnis war auch kurz auf der Kunstmesse zu sehen, doch die Jury unterband die Präsentation, weil (noch) kein unterzeichneter Vertrag über die Einigung mit den Erben nach Ernestine Klein vorlag.
Nun dürfte er aber vorliegen: W&K zeigen stolz das Bildnis – in einer Presseaussendung gar als „Weltpremiere“. Die Kunsthändler hätten über eineinhalb Jahre „intensivst“ (sic!) daran gearbeitet, das Portrait des zum Prinzen aufgestiegenen Stammeshäuptling „wieder der Öffentlichkeit präsentieren zu können“, es würde nun „der Öffentlichkeit zugänglich gemacht“. Allerdings nur bis 20. März, also bis zum Ende der TEFAF. Die Wiederentdeckung stelle „eine kunsthistorische Sensation dar“, so die hochtrabende Aussendung von W&K.
Interessanterweise erzählen die Kunsthändler enorm viel über die Lebensgeschichte von Ernestine Klein, die 1973 in Wien starb. Über den Verkäufer und die Umstände, wie dieser in den Besitz des Bildes kam, verlieren sie kein einziges Wort. Es ist anzunehmen, dass eine „Arisierung“ oder Enteignung vorliegt. Die Wiener Kunsthändler wollen für das Klimt-Bild 15 Millionen Euro verlangen. Offen bleibt, in welchem Verhältnis der Gewinn nach dem Verkauf zwischen den Beteiligten aufgeteilt werden soll.
Source:: Kurier.at – Kultur