Bitter: Am Ende der lodernden Liebe steht man mit Asche da

Kultur

Franzobels etwas mühsame Bearbeitung von Goldonis „Trilogie der Sommerfrische“ gibt im Landestheater Linz zu denken

Von: Susanne Zobl

Steht „nach Carlo Goldoni“ auf dem Programm, liegt es nahe, an Peter Turrini zu denken. Kongenial hat er dessen Komödien „Die Wirtin“ oder „Der Diener zweier Herren“ in seine Welt übertragen. Jetzt hat sich Franzobel „Die Trilogie der Sommerfrische“ vorgenommen.

Saltimbocca, Cozzevongole und Fettucine benennt er Figuren. Die Italinitá kommt jedoch über das Kulinarische der Namen nicht hinaus. Auch mit der Komödie, die von mittellosen Adeligen erzählt, die den Schein wahren und sich durch geschicktes Heiraten aus der Misere ziehen wollen, ist es nicht weit her. Denn Franzobel macht Schluss mit lustig, wie die Uraufführung am Samstag im Landestheater Linz in der Inszenierung von Matthias Riffert demonstriert. Gezeigt wird ein Abbild einer empathielosen, profit-orientierten Gesellschaft. Schulden bleiben Schulden, egal, ob deren Verursacher Benkos sind oder Rokoko-Gehröcke tragen. So belässt Franzobel die Geschichte im 18. Jahrhundert, der Text oszilliert zwischen Gesellschaftskritik und Desillusionierung. Bankrotteure aus der Oberschicht beuten die Arbeiterklasse aus, und echte Liebe hat keine Chance. Cittadella erklärt: „Was als loderndes Feuer beginnt, erkaltet, und am Ende steht man da mit einem Aschekübel.“

Franzobel hat eine historisierende Sprache erfunden. Die klingt etwas umständlich konstruiert; dass man ihr drei Stunden einigermaßen gebannt folgt, liegt am Ensemble und Ripperts verblüffender Regie. Er zeigt eine seltsame, erstarrte Welt.

Helle Wände mit Spitzbögen-Öffnungen repräsentieren die Häuser der Venezianer, die Sommerfrische findet auf dunkler Bühne (Fabian Liszt) statt. Die Figuren werden auf einem Förderband durch das Szenario gezogen. Als eine Art Spielmacher tritt Cozzevongole wie ein Molière’scher Tartuffe auf.

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Die ersten Passagen werden sprachlich zelebriert. Alexander Julian Meile kostet jedes Wort aus. Dehnt etwa das A im Wort „Tratsch“. Das Konzept dieser extremen Sprechweise wird aber nur im ersten Teil von Meile und dem ausgezeichnet agierenden Jan Nikolaus Cerha als Orgoglio konsequent durchgezogen. Lorena Emmi Mayer setzt als dessen Schwester Stanza auf übertriebenes Mienenspiel.

Ein Fisch an der Leine

Alexander Hetterle ist als dichtender, zerstreuter Fettucine ständig auf der Suche nach irgendetwas. Cecilia Pérez ist eine trotzige Cittadella: Sie zeigt die Zerrissenheit ihrer Figur, die sich zwischen ihrer leidenschaftlichen Lust auf den furchtsamen Fifone in der biegsamen Gestalt von Markus Ransmayr und der Liebe zu ihrem Vater aufreibt, am Ende kapituliert und sich mit Orgoglio, den sie nicht liebt, verheiraten lässt.

Jakob Kajetan Hofbauer wedelt als Schmarotzer Trampolino ständig mit einem Fächer. Klaus Müller-Beck glänzt als vermeintliche Tante Saltimbocca, die eigentlich ein überkandidelter Onkel ist, der sich als Frau verkleidet und einen Fisch an der Leine führt. Sebastian Hufschmidt zeigt den Diener Speck, der zur Revolution aufruft, bei der aber niemand mitmacht. Eva-Maria Aichner bringt als Zizza einige komische Einwürfe ein. Und die Tragödie? Die liegt im Aschekübel. Betroffene Zustimmung.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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