Dominique Meyer: „Die Politik kennt sich überhaupt nicht aus“

Kultur

Einer der erfolgreichsten Opernintendanten der Welt über seinen Abschied von der Scala, die italienische Kulturpolitik und den Unterschied zwischen Mailand und Wien.

Seine Karriere ist einzigartig: Chef des Théâtre des Champs-Élysées in Paris, Direktor der Wiener Staatsoper, Intendant der Mailänder Scala. Und auch künstlerisch feiert er dort große Erfolge. Am Montag stellte Dominique Meyer in der italienischen Botschaft in Wien das neue (hochkarätige) Programm vor. Die offizielle Saisoneröffnung erfolgt am 7. Dezember mit Verdis „La forza del destino“ mit Anna Netrebko und Jonas Kaufmann, schon am 28. Oktober startet ein neuer „Ring“ mit „Rheingold“, allerdings nicht wie geplant mit Christian Thielemann am Pult, Simone Young springt ein. Im Februar folgt „Die Walküre“, den Rest des Riesenprojektes wird schon sein Nachfolger betreuen.

KURIER: Sie sind noch bis Ende Februar Intendant der Mailänder Scala, dann müssen Sie dort aufhören, weil sich die italienische Politik einen Italiener an der Spitze wünscht. Wie geht es Ihnen persönlich damit?

Dominique Meyer: Ich habe mich in Mailand mehr als jeder italienische Intendant um das ganze italienische Repertoire bemüht und das kulturelle Erbe gepflegt. Und dann musst du gehen, weil du fremd bist. Das macht mich sehr traurig. Als ich 2010 als Direktor an die Staatsoper kam, hatte ich befürchtet, dass mir meine Nationalität als Franzose vorgeworfen wird. Aber in 13 Jahren, die ich in Wien gelebt habe, habe ich das nur vier Mal gehört, das weiß ich noch genau. Das ist de facto nichts. In Mailand bin ich angetreten, um viel zu verändern, das Haus war wie der Garten meiner Großmutter, wenn er zehn Jahre nicht gepflegt wurde. Ich konnte sehr viel neu machen, Quadratmeter für Quadratmeter, aber meine Herkunft kann ich nicht ändern.

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Wie genau ist es zu dieser Entscheidung gekommen?

Als die Regierung von Giorgia Meloni angetreten ist, wollte mich der Aufsichtsrat der Scala um fünf Jahre verlängern. Aber Melonis Staatssekretär Vittorio Sgarbi wollte den damaligen Chef der RAI, Carlo Fuortes, der davor die Oper in Rom geleitet hatte, als Chef nach Mailand holen. So wurde ein Gesetz beschlossen, dass Ausländer mit 70 Jahren keine italienische Kulturinstitution mehr leiten dürfen. Und ich werde im kommenden Jahr 70.

Aber Sgarbi ist gar nicht mehr in der Regierung, und Fuortes geht nicht nach Mailand, sondern nach Neapel.

Und auch Sgarbis Nachfolger Gennaro Sangiuliano ist nicht mehr im Amt. Er musste soeben wegen einer Affäre mit einer Influencerin, die alles auf Social Media gestellt hat, zurücktreten. Der Aufsichtsrat der Scala wollte meinen Vertrag zumindest bis Ende 2026 laufen lassen, auch das hat die Kulturpolitik verhindert. Das stellt das ganze System der Scala in Frage und ist auch sehr gefährlich.

Warum gefährlich?

Der Aufsichtsrat der Scala besteht zu 50 Prozent aus Vertretern von Firmen, die neun Millionen Euro zahlen, um am Tisch zu sitzen. Die werden nun durch das Chaos der Kulturpolitik übergangen.

Ihr Direktorenkollege Eike Schmidt, der eigentlich Chef des Kunsthistorischen Museums in Wien werden hätte sollen, verlor seinen Job in den Uffizien und hat im Gegenzug für das Bürgermeisteramt in Florenz kandidiert. Sie könnten sich ja nun auch um einen politischen Job bemühen.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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