Filmkritik zu „Die Gleichung ihres Lebens“: Frauentypus „Klassenbeste“

Kultur

Die Liebe zu den Primzahlen bringt eine nerdige Mathematikstudentin an ihre Grenzen – und eröffnet ihr eine neue Welt

„Jede gerade Zahl, die größer als 2 ist, ist Summe zweier Primzahlen“, lautet die Hypothese des deutschen Mathematikers Christian Goldbach aus dem Jahr 1742. Leider lässt sich dieser Satz bis in die letzte Konsequenz weder beweisen, noch widerlegen. Deswegen ist er als die „Goldbachsche Vernutung“ in die Geschichte der Mathematik eingegangen. Bis heute wurde das Problem nicht gelöst.

Im Kino finden sich Mathematikgenies nicht allzu oft, aber wenn doch, sind sie meist Männer und Außenseiter.

Schon Matt Damon hat in „Good Will Hunting“ als talentierter Hausmeister schwierige Rechenbeispiele gelöst. Russell Crowe revolutionierte als John Nash mit „A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn“ die Mathematik in Princeton und geriet an die Grenzen seines Verstands. Benedict Cumberbatch knackte als Mathematikgenie Alan Turing in „The Imitation Game – Ein höchst geheimes Leben“ den Code der deutschen Enigma-Maschine. Sein Außenseitertum – er ist homosexuell zu einer Zeit, in der in England gleichgeschlechtliche Liebe unter Strafe steht – trieb ihn in den Selbstmord.

Ganz so aufwühlend geht es in dem Sozialdrama der französisch-schwedischen Regisseurin Anna Novion nicht zu, eher im Gegenteil: Zumindest manchmal erheitern ein paar komische Untertöne eine ansonsten eher temperamentlos herunter gespulte Erzählung.

Das Mathematikgenie ist diesmal immerhin eine Studentin, die als einzige Frau im Promotionsprogramm der Elite-Universität École Normale Supérieure in Paris ihr Doktorat macht. Betreut wird sie von einem renommierten Professor: Unter seiner Aufsicht entwirft sie neue Denkansätze, von denen sie sich Fortschritte in Sachen „Goldbachscher Vermutung“ verspricht.

  Die neue Buhlschaft: "Wenn ich daran denke, bekomme ich Gänsehaut"

Filzpatschen

Marguerite Hoffmann – unaufgeregt gespielt vom Schweizer Shooting-Star Ella Rumpf („Raw“, „Freud“) – verkörpert das Klischee des uncoolen Nerd-Girls, wie es im Buche steht: Eine mausige Brillenschlange vom „Typus Klassenbeste“ (Eigendefinition), stiefelt sie in Filzpatschen durch die Uni. Den neuen Dissertanten Lucas, einen lebenslustigen Posaunenbläser, nimmt sie sofort als Konkurrenten wahr. Sein Angebot der Zusammenarbeit weist sie zurück.

Filmladen

Jean-Pierre Darroussin als Professor, Ella Rumpf als seine Studentin

Als Marguerite vor versammelter Kollegenschaft ihre Forschungen präsentiert, unterläuft ihr ein Fehler, den Lucas genüsslich aufblattelt. Völlig verstört stürmt Marguerite aus dem Vortragssaal. Als sie daraufhin von ihrem Professor fallen gelassen wird, schmeißt sie das Mathematikstudium hin – und wird Verkäuferin in einem Sportschuh-Geschäft.

Bis zu diesem Zeitpunkt hat man Marguerite mit ihrer abweisenden Art nicht gerade ins Herz geschlossen. Tauwetter bricht erst an, als sie von ihrer neuen Mitbewohnerin unter die Fittiche genommen wird und ein paar Lektionen aus dem „normalen Leben“ lernt: Dazu zählen Basics wie Bier trinken und Männer aufreißen.

Filmladen

Nachtleben, statt Lernen: Sonia Bonny (li.) und Ella Rumpf in „Die Gleichung ihres Lebens“

Jeder, der in seinem Leben schon einmal im Kino gesessen ist, weiß in groben Zügen, wie es in Filmen wie diesen weitergeht. Das Mathematikgenie hat immer wieder spontane Eingebungen und steht verklärt im magischen Zahlenregen: Zu perlender Klaviermusik kritzelt es manisch Formeln auf Tafeln, Spiegel, Wände … und – wie im Fall von Marguerite – sogar aufs Klopapier.

Und natürlich darf auch die Erziehung des Herzens nicht fehlen. Das verkorkste Mathematikgenie findet einen Love-Interest, der es zu einem liebenswürdigeren Menschen macht. …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

(Visited 3 times, 1 visits today)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.