Harris gegen Trump: Was für ein Theater!

Kultur
US-VOTE-POLITICS-DEBATE-HARRIS-TRUMP

Shakespeare, Beckett, Nestroy – bei der TV-Konfrontation war alles drin, auch das Märchen vom bösen Wolf und den drei kleinen Schweinchen.

Ja ja, es steht das Schicksal der Welt auf dem Spiel, das TV-Duell zwischen Kamala Harris und Donald Trump ist mit Wolkenkratzer-Bedeutsamkeit aufgeladen. Es war aber auch, wie alles, was den Amerikanern im Fernsehen wichtig ist, großes Theater zwischen Shakespeare’schen Machtkämpfen, Nestroy-hafter (Selbst-)Entblößung der Mächtigen und Beckett’scher Absurdität. 

Mit klarer Rollenverteilung: Trump spielte den Onkel, der – Einwanderer essen unsere Katzen! – zu viel Zeit allein im Internet verbracht hat. Und Harris die Geschwister beim Familienfest, die hoffen, dass sie nun gegen das Husten und Prusten des bösen Wolfs endlich ein Haus aus Ziegelsteinen gebaut haben – aber, wie im Märchen, vergessen haben, den Kamin abzusichern.

Für die Ränge gespielt

Die Optik war jene der Reality-Shows, aber gespielt wurde Theater – und zwar, wie es in der Eliten-verliebten Bühnenkunst heißt, für die Ränge und nicht fürs Parkett. So langatmige Dinge wie Visionen für das Land musste keiner von beiden entwickeln oder zu formulieren versuchen. Es ging mit allerlei rhetorischen Kniffen -Begraben will ich Cäsarn, nicht ihn preisen – einzig und allein um die Emotion am Stehplatz. Und bei der ist ein Sieg in Orwell’scher Diktion zuweilen zugleich auch eine Niederlage.

Harris war die, die den Babyelefanten ärgern sollte: Sie lieferte gut geprobte Schlagsätze, die dorthin zielten, wo es Trump – man erinnert sich an die Geste von Barack Obama – weh tut. Sie machte es sich zur Aufgabe, die Tricks des Zauberers, des Blenders einen nach dem anderen zu verraten. Die Größe des Publikums, die Rhetorik des Verkäufers, der Trump auch in der Politik ist, und Trumps eigene Waffe gegen Biden, das Alter – sie drückte auf all das drauf.

  Neue Marvel-Serie: "Unsere Superkraft liegt im Miteinander“

Das war gut einstudiert, hatte Rhythmus und, nach einem anfänglichen Patzer, jene Kürze, nach der der Broadway getaktet ist: Alle 90 Sekunden eine Pointe, ein Applaushascher, ja nicht die Aufmerksamkeit verlieren.

Und es hatte einigen Erfolg: Trump musste seine Rolle bis zur Kenntlichkeit spielen. Er ärgerte sich, er sprach über sich und nicht, wie Harris vermerkte, über die Bedürfnisse der Menschen, er verfiel in Volksschul-Argumentationsstrukturen („Sie sind schwach“ – „Nein, Sie sind schwach“), er spielte den Trump, also zorniges Improvisationstheater, einen Stegreif-Poetry Slam für die dem System Entfremdeten.

APA/AFP/SAUL LOEB / SAUL LOEBUnd für die Schnipselmaschine des Internet

Das TV-Publikum ist immer noch die Maßeinheit in Amerika. Harris zielte aber auch auf eines, das ihr vielleicht noch wichtiger ist: Das Publikum der großen Schnipselmaschine der Sozialen Medien. Vieles, was sie tat, war darauf getrimmt, als kurzes Video geteilt zu werden, insbesondere in ihrer einstudierten Mimik: Sie zog die Augenbrauen hoch, sie tat in übertriebenem, spöttischem Ausmaß so, als höre sie Trump interessiert zu, um nachher zu lächeln, sie sprach in Sätzen, die für sich wirkten. So spielt man für die Kamera – und so spielt man vor allem für den kleinen Bildschirm. Es ist die Art von sofort verständlicher Stummfilm-Mimik, für die man beim Scrollen kurz Pause macht.

Und auch das mit einigem Erfolg: Schon während der Debatte wurde …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

(Visited 1 times, 1 visits today)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.