„Herr Puntila“ am Burgtheater: Lachen strengstens erlaubt

Kultur

Burgtheater: Antú Romero Nunes inszenierte Brecht mit Mut zur Komödie. Die harte Botschaft über Ungerechtigkeit nahm keinen Schaden.

Am Anfang sind die Rindviecher.

Der Vorhang öffnet sich, und die Bühne ist bevölkert von Statisten, die Kühe spielen. Sie grasen und käuen wieder.  So sah Bertolt Brecht die Welt: Im Kapitalismus ist der Einzelne nur noch Nutztier. Hier wird sofort klar: Diese Inszenierung wird auch einiges zum Lachen bieten, etwas, das bei Brecht ja nicht selbstverständlich ist.

„Herr Puntila und sein Knecht Matti“ ist, streng genommen, die Geschichte einer Alkoholverharmlosung. Die Hauptfigur, der wohlhabende Bauer und Gutsbesitzer Puntila, ist nüchtern ein wirklich unguter Typ, der nur auf seinen Profit achtet und Menschen außergewöhnlich mies behandelt.

Ist er jedoch betrunken – und das ist er meist – wird er zum liebenswerten Menschenfreund. Dann verlobt er sich mit gleich mehreren armen Arbeiterinnen, beschäftigt Kranke aus Mitleid und philosophiert mit seinem Chauffeur Matti über die Ungerechtigkeit der real existierenden Welt.
 

Tommy Hetzel

Chaplin

Brecht schrieb das Stück 1940 im finnischen Exil. Wie so oft hat er dabei kräftig abgeschrieben. Brecht wohnte damals bei der Dichterin Hella Wuolijki und orientierte sich an ihrem Stück „Die Sägemehlprinzessin“, aber auch an Erzählungen und Romanen, möglicherweise auch an dem Film „Lichter der Großstadt“ von Charlie Chaplin.
1948 wurde „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ am Schauspielhaus Zürich uraufgeführt und rasch zum Erfolg beim Publikum, nicht unbedingt bei der Kritik. Es folgten mehrere Verfilmungen.

Am Wiener Burgtheater hat jetzt der deutsche Regisseur Antú Romero Nunes das Stück neu inszeniert. Er setzt dabei dankenswerterweise ganz auf den Humor, die Inszenierung ist bei aller Ernsthaftigkeit des Themas sehr komisch und federleicht. Brechts sehr harte Botschaft – in der Ungerechtigkeit des Kapitalismus gibt es keine Gerechtigkeit, höchstens Schnaps – wird dadurch nicht schwächer, sondern sogar stärker.

  Filmkritik zu "A Working Man": Glatzenträger in Aktion

Zweite Hauptfigur dieses Stückes ist Puntilas Tochter Eva. Ihr Vater will sie mit dem Attaché verheiraten, den sie zwar schätzt, aber als falschen Mann für sich ansieht, da sie lebhaft und aufgeweckt ist, er aber bis zur Grenze der Lähmung überkorrekt.

Sie verbündet sich mit Matti, den ihr Vater – wieder einmal betrunken – schließlich als Schwiegersohn akzeptiert. Matti jedoch möchte Eva zuerst einem Test unterziehen, ob sie die richtige Ehefrau für einen  Armen sein kann. Diesen Test – aus heutiger Sicht nichts anderes als ein Unterwerfungsritual für eine Frau – besteht sie nicht.
Am Ende verlässt Matti illusionslos Puntilas Hof, da ihm klar wird, dass auch der Alkohol die ungerechten Machtverhältnisse nicht dauerhaft ändern kann.

Gespielt wird hinreißend gut. Bruno Cathomas gibt den Puntila, er wechselt übergangslos zwischen betrunkenem Menschenfreund und nüchternem Machtmenschen, was diese Figur besonders beängstigend macht.

Julia Windischbauer ist als Matti fast kühl, die Figur gibt sich keinen Illusionen hin.

Tommy Hetzel

Berührend

Ganz großartig ist Marie-Luise Stockinger als aufbegehrende Eva, sie wechselt zwischen Schreien und breitem Wiener Dialekt. Diese Darstellung ist ebenso komisch wie berührend.

Felix Rech ist ein Attaché, der vor lauter Korrektheit und gleichzeitig an ihm nagender Geldnot kaum gerade stehen kann. Sehr  komisch ist auch Tilman Tuppy in mehreren Rollen, Justus Maier und Lola Klamroth stehen ihm um nichts nach. Bitte, da wird sogar gejodelt!

Die Musik …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

(Visited 1 times, 1 visits today)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.