Interview zu „The Balconettes“: „Da ist auch einiges von meinem Leben drin“

Kultur
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Von Susanne Lintl

Es ist heiß im August in Marseille. So heiß, dass man es in den Wohnungen kaum aushält. Folglich verlagert sich das Leben nach draußen – auch bei den drei WG-Freundinnen Ruby (Souheila Jacob), Nicole (Sandra Codreanu) und Elise (Noémi Merlant), die ihre Zeit großteils auf ihrem Balkon verbringen. Von dort aus haben sie einen guten Überblick, was alles so passiert in der Nachbarschaft. Vor allem der attraktive Nachbar (Lucas Bravo) sticht ihnen ins Auge und löst Entzücken aus, als er die Mädels in seine Wohnung einlädt. Doch die Kennenlernparty bei dem smarten Schönling verläuft anders als erwartet.

Noémie Merlant, bleibend in Erinnerung als eine der beiden Protagonistinnen aus Céline Sciammas großartigem Frauenfilm „Porträt einer jungen Frau in Flammen“, hat sich weiterentwickelt. Nicht zuletzt durch ihre kreative Freundschaft mit Céline Sciamma („Sie ist so souverän, intelligent und witzig. Es ist ein Vergnügen, mit ihr zu arbeiten“) wagt sich Merlant auf unbekanntes, auch riskantes Terrain vor. Nicht nur, dass sie im feministisch angehauchten Remake des Softporno-Klassikers „Emmanuelle“ von Audrey Diwan die Hauptrolle übernahm, hat sie auch ein zweites Mal (nach ihrem Kurzfilm „Mi iubita, mon amour“) im Regiesessel Platz genommen.

„Les Balconettes“ (derzeit im Kino) ist ein amüsanter Genremix aus Horror, Komödie und Fantasy, in dem keine Langeweile aufkommt. „Ich mag diesen Genremix im Kino, wo so viele verschiedene Aspekte einfließen“, sagt eine erkältete und mit Maske vermummte Merlant beim KURIER-Interview in Paris: „Eines meiner großen Vorbilder ist da Pedro Almodovar, der diesen Mix gegensätzlicher Elemente perfekt beherrscht.“

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Selbst wenn sie etwas Ernstes zeige, möchte sie immer einen humorvollen Aspekt zeigen. „Man darf nicht alles so ernst nehmen und es gibt immer eine andere Sichtweise“. Irgendwie war ihr eben danach, dass das Tête-à-tête der Mädels in der Wohnung des schnuckeligen Nachbarn nicht so harmonisch verläuft, wie es anfangs aussieht: „Plötzlich tun sich Abgründe auf und es wird so richtig blutig“.

Zentrales Thema von „Les Balconettes“ ist aber die Freundschaft, die die drei Frauen verbindet. Etwas, das Merlant eminent wichtig ist und das sie sehr gut nachvollziehen kann. „Auch ich finde meine Zuflucht bei Freundinnen. Vor fünf Jahren bin ich quasi aus meinem Elternhaus geflohen, weil mich die Atmosphäre dort fast erstickt hat (sowohl Merlants Vater als auch ihre Schwester sind invalid und brauchen Betreuung, Anm.). Ich bin mit zwei Freundinnen zusammengezogen, die mich die darauffolgenden Monate aufgebaut haben. Nie habe ich so eine befreiende Zeit erlebt, war ich so bei mir. Ich musste dort keine Rolle spielen, durfte ganz ich sein. Es war anders, als alles, was ich bis dahin erlebt hatte, wie wir miteinander redeten und einander zuhörten. Wir redeten uns unsere Erfahrungen mit Sexismus, Misogynie und männlicher Bevormundung von der Seele. Unsere WG wurde zum Kokon, wo wir unsere Weisheiten spinnen konnten. Das hat mich auch auf die Idee gebracht, einen Film über Freundinnen in derselben Wohnung zu machen“.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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