JJ und seine „Privatmeinung“: Verschwendete Liebesmüh’?

Kultur

lNicht einmal eine Woche ist vergangen, seit JJ die ESC-Trophäe „hoam“ brachte – da fielen am Mittwoch im Gespräch mit spanischen Zeitungen Aussagen, die für den ORF nun den größtmöglichen „Schas“ darstellen. Der junge Sänger mit der hohen Stimme, der davor nur über seinen Sieg und die weitere Karriere tirilierte, schlug plötzlich knallharte politische Töne an.

Der Zeitung El País sagte der 24-Jährige: „Ich würde mir wünschen, dass der Eurovision Song Contest nächstes Jahr in Wien stattfindet und ohne Israel.“ Er sei „sehr enttäuscht, dass Israel noch an dem Wettbewerb teilnimmt“. Aber das könne nur die EBU, der Rundfunkverbund, der den Contest veranstaltet, entscheiden. „Wir Künstler können nur unsere Meinung dazu sagen.“

„Nur“ eine Meinung – viele Kommentatoren sahen das anders (s. Kasten rechts). JJ, mit bürgerlichem Namen Johannes Pietsch, äußerte darüber hinaus die Ansicht, dass das Votingsystem geändert werden müsse. „Heuer war alles sehr seltsam“, stimmte er in den Chor einiger Rundfunkanstalten, u. a. der spanischen RTVE, ein, das Voting zu überprüfen. Diese mutmaßen, „dass das Televoting durch die aktuellen militärischen Konflikte beeinflusst wurde“.

Israel, für das Yuval Raphael, eine Überlebende des Hamas-Massakers, gesungen hat, erhielt vom Publikum 297 Punkte (Österreich: 178) und rutschte vom 15. Platz im Jury-Voting auf Platz 2. Zum Vergleich: 2023 erhielt der unpolitische finnische Beitrag „Cha Cha Cha“ 376 Publikumspunkte.

Vergleich mit Russland

Im Interview mit El Mundo ging Pietsch noch weiter, indem er Israel mit Russland verglich: „Es gibt ein Land, das teilnehmen darf, obwohl es sich im Krieg befindet, und Russland wurde genau deswegen ausgeschlossen. Warum macht man nicht dasselbe mit diesem Land?“ Etwas kryptisch fügte er hinzu: „Außerdem hat dieses Land den ganzen Wettbewerb lang versucht, zu provozieren, und keiner von uns verteidigt, was sie machen. Und das erscheint mir herzzerreißend.“ Im Video-Interview mit der Zeitung ABC bezeichnete Pietsch beide Länder, Russland und Israel, als „Aggressoren“.

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Der Vorwurf berührt geopolitisch hochkomplexe Zusammenhänge und zog daher auch Kritik vonseiten der Politik nach sich. „Der Versuch einer Gleichsetzung von Russland mit Israel kommt einer Geschichtsfälschung gleich, die ich auf das Schärfste zurückweise“, sagte Alexander Pröll (ÖVP) als Staatssekretär für Kampf gegen Antisemitismus. Und: „Terror und Antisemitismus haben in unserer freien, pluralistischen Gesellschaft keinen Platz, genauso wenig wie Sympathien dafür.“

JJ meldete sich gestern Mittag über seine Plattenfirma Warner zu Wort: „Es tut mir leid, falls meine Worte missverstanden wurden. Obwohl ich die israelische Regierung kritisiere, verurteile ich jegliche Form von Gewalt gegen Zivilisten überall auf der Welt – sei es gegen Israelis oder Palästinenser.“ Und er fügt an: „Zu diesem Thema werde ich mich nicht weiter äußern.“

Für den ORF ist der Schaden aber bereits angerichtet. Die Debatte wirft einen Schatten auf die Vorbereitungen für den Song Contest im kommenden Jahr. In einer ersten Reaktion distanzierte sich der Küniglberg von den Aussagen und kennzeichnete sie als „Privatmeinung“. Der ORF verwies auf die EBU, diese habe „eindeutige Richtlinien, die Politik von Unterhaltung trennen. Sie ist die einzige Instanz, die über die Teilnahme oder den Ausschluss von Ländern entscheidet.“

Die EBU selbst verwies eher technisch darauf, dass Rundfunkanstalten und nicht Regierungen teilnehmen, diese seien …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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