Konzerthaus: Rückblick auf die Jugend im vorgerückten Alter

Kultur

Die Berliner, die Wiener Philharmoniker und das Cleveland Orchestra sind nur einige der Auftraggeber des österreichischen Komponisten Johannes Maria Staud. Auf Anregung des Tenors Christoph Prégardien instrumentierte er Franz Schuberts Liederzyklus „Die schöne Müllerin“. Auch Klaus Florian Vogt ließ sich schon eine Orchesterfassung davon schreiben. Er beauftragte den Komponisten und Arrangeur Andreas N. Tarkmann, das Ergebnis ist schlüssig und ansprechend.

Staud führt Schubert weiter, übermalt ihn mit seiner eigenen Klangsprache und kombiniert seine Bearbeitung mit eigenen Liedern. Dafür vertonte er Gedichte der Amerikanerin Emily Dickinson (1830 – 1886). Prégardien und Dirigentin Elena Schwarz lassen daraus mit dem intensiv musizierenden Klangforum Wien eine Art konzertant aufgeführtes Musiktheaterstück werden, das in dieser Kombination „Die schöne Müllerin/ These Fervered Dreams“ wie eine musikalische Netflix-Serie wirkt.

Prégardien pflegt eine Schubert-Interpretation, die an Dietrich Fischer-Dieskau erinnert. Absolut klar und wortdeutlich formuliert er jeden Vers. Nur mit der Stimme drückt er die Zudringlichkeit, die Verwirrung und die Eifersucht dieses Müllerburschen aus. Sein Vortrag wirkt so, als würde der nicht im Bach sein Ende gefunden haben, sondern in vorgerücktem Alter auf seine Jugendjahre zurückblicken.

Verstörend

Bei Dickinsons Gedichten setzt er auf einen mystischen, rätselhaften Ausdruck. Nicht nur im Text, auch in der Musik prallen Welten aufeinander und zugleich aneinander ab. Vergleiche mit Hans Zenders legendärer Bearbeitung von Schuberts „Winterreise“ wehrt Staud im Programmheft ab. Das wäre gar nicht notwendig, denn er legt seine Instrumentierung ganz anders an. Man könnte sagen, er illustriert Schuberts Musik. Das klingt in den ersten Liedern absolut ansprechend. Wie Einsprengsel wirken da die Dickinson-Lieder mit Stauds verstörender Musik.

  Musikverein: Furios durch die Unterwelt mit Cecilia Bartoli

Faszinierend, wie dieser Komponist mystische Klangräume schafft, die immer mehr in Kontrast zu dem stehen, was er aus Schubert gemacht hat. Er überzieht dessen Kompositionen mit einer dicken Schicht. Manche Passagen klingen übertrieben idyllisch, manche seltsam volkstümlich. In „Eifersucht und Stolz“ tönen die Flöten etwa extrem schrill, wie Filmmusik wirkt der „Tränenregen“. Viele Bravos für die Interpreten und den Komponisten.

 

…read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

(Visited 3 times, 1 visits today)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.