Lebensweisheiten eines Mitte-Menschen

Kultur

Der Publizist Wolfgang Lusak legt eine gesellschaftskritische Autobiografie vor.

Als Mittelstandsaktivist, Coach von KMU-Initiativen, Gründer der „Lobby der Mitte“ oder Verfasser des Mittelstandsbarometers ist Wolfgang Lusak im Wirtschaftsjournalismus eine fixe Größe. Allein in der Mailbox der Rezensentin sind in den vergangenen zehn Jahren mehr als 100 Aussendungen des unermüdlichen Kommunikators gelandet.

Und jetzt auch noch ein Buch? Lusak, heuer 75 geworden, hat seinem Lebensthema eine Art literarisches Denkmal gesetzt. Ein sehr würdiges. Die mehr als 400 Seiten starke Autobiografie ist geschickt in Jahrzehnte-Lebensabschnitte gegliedert und zeichnet ab den 1950er Jahren nach, wie sehr der Autor für sein Lebensthema brennt: die Mitte zu finden – im privaten wie im wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Leben.

Praktische Anleitungen

Für all jene, die ihre Mitte noch nicht gefunden haben, aber danach suchen, gibt es in der Nachzeichnung der Lebensgeschichte durchaus praktische Anleitungen, wie es gehen könnte. Durch das Lesen vieler schlauer Bücher etwa; durch Meditation; durch berufliche Veränderungen; gesundheitliche Probleme, die Wesentliches sichtbarer machen; oder durch eine langjährige, bereichernde Beziehung. Am besten alles zusammen.

„Heute bin ich sicher, dass jeder von uns seine Schicksalskarte abwerfen kann. Dass man die Urangst vor dem Alleinsein überwinden muss, um die volle Individualität zu erreichen“, schreibt der „einsame Wolf“ Lusak, der sein ersehntes „Yin/Yan“ beruflich in der Selbstständigkeit fand. Im Buch gibt es immer wieder interessante Einblicke in die Welt des Marketings und Lobbyings. Etwa wie Lusak gemeinsam mit einem Top-Winzer und einem WU-Professor die erfolgreiche Marke „Servus“ für den burgenländischen Weinbauverband ausdachte. Fast wäre dies gescheitert, weil es schon in Deutschland ein Klopapier mit dem Namen „Servus“ gab.

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Unheilige Allianz

Leicht verbittert im Ton trotz der sonst so positiven Grundeinstellung blickt der Mittelstandsaktivist gegen Ende der Erzählung gesellschaftspolitisch auf die Lage des Mittelstandes und warnt vor einer „Schachfiguren-Gesellschaft“. Diese entstehe aus einer „unheiligen Allianz“ zwischen Monopol-Kapitalismus und Extrem-Populismus, bei der die Mitte zu zerbrechen droht.

Mittelständische Betriebe in Österreich würden, obwohl sie Rückgrat und Innovationskraft der Wirtschaft sind, immer schwerer überleben. Lusak fragt: „Wieso schaut die Politik zu, wie kleinere Geschäfte und Betriebe aus den Orts- und Stadtkernen, aus ganzen Branchen und Märkten vertrieben werden, während die Großen – auch mithilfe der Politik – ihre Überlegenheit ausspielen dürfen? Wieso wird viel zu wenig von Reich zu Arm umverteilt, tatsächlich überwiegend von der Mitte zu Reich und Arm? Warum wehrt sich der Mittelstand nicht? Lauter Schafe?“

Berechtigte Fragen für die Regierungsverhandlungen.

Verlag

Wolfgang Lusak: „Mein Herz schlägt in der Mitte“, Novum, 430 S., 35 Euro

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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