
Ende Mai brachte Christopher Rüping im Volkstheater „All About Earthquakes“ heraus: Er verquickte Kleists Novelle „Das Erdbeben von Chile“ über eine Liebe, die nicht sein darf, mit Bell Hooks Abhandlung „All About Love“, er gab einer Utopie Raum und garnierte dies mit Haddaways Hit „What Is Love“. Mechthild Harnischmacher setzte nun eins drauf: In der Dunkelkammer des Hauses inszenierte sie „Like Lovers Do (Memoiren der Medusa)“ der sehr angesagten Dramatikerin Sivan Ben Yishai.
Der Text verhandelt die Schattenseite der Liebe, den Missbrauch und die rohe Gewalt, kommt aber eigentlich nicht über die Widmung hinaus: Er ist eine einzige Anklage. Harnischmacher und Ausstatterin Giovanna Bolliger halten zudem nichts von Zwischentönen: Die Braut trägt Weiß. Und der Bräutigam, der in kurzen Hosen zu den Lackschuhen der Lächerlichkeit preisgegeben wird, erinnert nicht nur an einen Hitlerjungen, sondern auch an den unbarmherzigen Fleischer Oskar in „Geschichten aus dem Wiener Wald“ (Premiere im Volkstheater am 12.12.): Das Messer von Nicolas Frederick Djuren blitzt von Anfang an bedrohlich.
Auch Harnischmacher bringt Bell Hooks ins Spiel, auch sie zitiert „What Is Love“. Und sie deutet das Duett „Baby It’s Cold Outside“ brutal: Aus einem Liebesgeflüster wird ein Akt der Nötigung. Missbrauch in der Kirche schwingt in der Litanei mit – und mit KI-generierten Stimmen der Missbrauch an Kindern. Der Monsterpenis, ein fünf Meter langes Papierband, wird mit Lust geschreddert, mit leuchtenden Magic Mushrooms eine Utopie entwickelt. Dann machen Julia Franz Richter und Sissi Reich viel Trash – als „Quentina Tarantinas“. Warum nur haben die Frauen bei ihrer Abrechnung grad einen Mann zum Vorbild genommen?
Source:: Kurier.at – Kultur



