Presserat verurteilt „Der Standard“ in der Causa Lena Schilling

Kultur

Der Österreichische Presserat verurteilt den „Standard“ aufgrund des veröffentlichten Artikels „Lena Schillings Kandidatur gerät in Turbulenzen“.

Österreichs Medienbranche war (und ist) sich uneins wie in der Frage: Sind die Vorwürfe, die „Der Standard“ über die grüne EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling veröffentlicht hat, politisch relevant? Der Fall landete nach zahlreichen Beschwerden beim Österreichischen Presserat: Mehrere Leserinnen und Leser kritisierten den „Standard“-Artikel als medienethisch bedenklich. Dabei wurde u. a. vorgebracht, dass die im Artikel veröffentlichten Informationen für die Öffentlichkeit nicht relevant seien und die Zitate allesamt von anonymen Personen stammen würden.

Der Österreichische Presserat prüfte den Artikel und kam heute, Freitag, zu einem klaren Urteil:  

„Nach Ansicht des Senats 1 verstößt der Artikel ,Lena Schillings Kandidatur gerät in Turbulenzen‘, erschienen am 07.05.2024 auf ,derstandard.at‘, gegen die Punkte 2.1 (gewissenhafte und korrekte Wiedergabe von Nachrichten) und 2.2 (anonyme Zitierungen) des Ehrenkodex für die österreichische Presse.“

Der problematische Artikel des „Standard“

Im „Standard“-Beitrag wird berichtet, dass die EU-Spitzenkandidatin der Grünen, Lena Schilling, über mehrere Personen in ihrem Freundeskreis wie auch im politischen Umfeld schwerwiegende Gerüchte und Unwahrheiten verbreitet habe. So habe sich Schilling über eine angebliche Fehlgeburt einer Freundin infolge häuslicher Gewalt ohne Beleg dafür geäußert; hierfür verweist das Medium auf eine vor Gericht vereinbarte Unterlassungserklärung. Zudem soll Schilling auch Gerüchte über zwei Journalisten verbreitet haben: Einem privaten TV-Journalisten habe sie zu Unrecht Belästigungen vorgeworfen, mit einem anderen TV-Journalisten habe Schilling eine Affäre erfunden und ihm auch Affären mit anderen Grün-Politikerinnen angedichtet.

Im Artikel werden zahlreiche anonymisierte Zitate gebracht, die in der Gesamtheit ein negatives Bild von Schilling zeichnen: In einem Zitat heißt es, Schilling „hinterlasse verbrannte Erde“ oder in einem anderen, dass ihr Verhalten „nicht normal“ sei. Später erzählt eine Aktivistin von ihrem Eindruck, Schilling habe das „Vertrauen junger Menschen in sie ausgenutzt“, ein langjähriger Klimaaktivist spricht von einem „mehr als hinterfragenswerten Umgang mit sehr jungen Menschen“. Im letzten Teil werden langjährige Freundinnen damit zitiert, dass Schilling „ihre Probleme in den Griff kriegen“ müsse, bevor sie sich so eine Aufgabe zumute. Schließlich wird auch noch eine langjährige gute Bekannte wie folgt zitiert: „Wenn man jetzt nicht die Notbremse zieht, entsteht ein enormer Schaden: für die Grünen, für die Klimabewegung – aber vor allem für Schilling selbst.“ 

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Die Beurteilung des Senats im Wortlaut:

– Zum öffentlichen Informationsinteresse

Der Senat verweist auf seine bisherige Entscheidungspraxis, wonach auch Informationen über das private Verhalten von Politikerinnen und Politikern vom öffentlichen Interesse gedeckt sein können. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine private Verhaltensweise in Widerspruch zu öffentlichen Auftritten oder Positionen steht und somit einen politischen Konnex aufweist.

Zudem betonen Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten einer politischen Partei in der Regel ihre persönliche Glaubwürdigkeit, um Wählerinnen und Wähler von sich zu überzeugen. Dies gilt auch im Fall von Lena Schilling, die im EU-Wahlkampf bis zu einem gewissen Grad mit ihrer moralischen Integrität geworben hat, insbesondere auf ihren Wahlplakaten mit der Aussage „Herz statt Hetze“. Hinzu kommt, dass die Grünen sich selbst als Partei mit besonderem Anspruch sehen, was den (politischen) Anstand betrifft, und damit auch um die Gunst von Wählerinnen und Wählern werben. 

Nach Meinung des Senats …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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