Salzkammergut: Eine Kulturhauptstadt mit Begräbnis und Ausgrabung

Kultur

Trenkler auf Kur: Der Tod des Pfarrers Christian Öhler machte betroffen, Alfredo Barsuglia erfreute mit seinem „Platz des Unsinns“

Auch im Kurhotel von Strobl, wo Ihr Tratschpartner drei Wochen „Gesundheitsvorsorge aktiv“ betreibt, sorgte der Tod von Christian Öhler für große Betroffenheit. Zum Beispiel bei einer der Kurärztinnen, einer Ischlerin.

Der Stadtpfarrer von Bad Ischl war am 1. September um 16 Uhr im Kloster von Traunkirchen erwartet worden – zu einer Veranstaltung der Kulturhauptstadt zusammen mit Kirch’Klang: Mattsee hatte bereits 1920 den Vorsatz gefasst, den „Ort judenfrei“ zu halten. Und so wurde der Sommerfrischler Arnold Schönberg im Jahr darauf aus diesem gejagt.

Er fand Zuflucht in der Villa Josef von Traunkirchen – und erfand die Zwölftonmusik. Jene „Suite für Klavier“, die damals entstand, wurde nun von Michael Schöch gespielt. Und Michael Maertens las u. a. die erschreckende Stellungnahme „Mattsee und die Judenfrage“ aus der Salzburger Chronik vom 5. Juli 1921.

Alexander Van der Bellen war zum Konzert mit seiner Frau angereist: eine späte Genugtuung für Elisabeth Schweeger, die Intendantin der Kulturhauptstadt. Denn der Bundespräsident hatte es nicht für notwendig erachtet, Ende Jänner zur feierlichen Eröffnung des kulturellen Großereignisses zu kommen.

Im Klostersaal hatte man auch einen Platz für den Ischler Pfarrer reserviert. Doch der blieb leer. Öhler, ein begeisterter Wanderer, war nach der 75. Traunstein-Feldmesse beim Abstieg ob der Hitze kollabiert. Man registrierte in Traunkirchen zwar einen Hubschrauber, aber niemand ahnte, dass er wegen des 65-jährigen Pfarrers im Einsatz war.

Erschüttert war auch Schweeger. Sie verlor einen Mitstreiter. „Er hat die Kirche neu gedacht“, sagt sie. „Er war integrativ, offen, kosmopolitisch, kunstsinnig. Und er hat uns immerzu verteidigt.“

  Regisseur Ulrich Seidl in der Jury der Filmfestspiele San Sebastian

Thomas Trenkler

Soap & Skin in der Stadtpfarrkirche von Ischl

Am 9. September fand das Begräbnis statt. Hunderte kamen, um Abschied zu nehmen. Eine Art Requiem gab es bereits zuvor. Denn Soap & Skin spielte beim New-Salt-Festival in der Stadtpfarre. Öhler hatte das Konzert gestattet. Und Anja Plaschg wusste mit dem Raum würde- wie weihevoll umzugehen. Die weiß gewandete Priesterin, umhüllt von Nebel im Gegenlicht, begann mit „The End“ von den Doors. Und sie sang, begleitet von Geige, Posaune und Trompete, auch jenes Lied, das sie nach dem Tod ihres Vaters geschrieben hatte. Als Zugabe spielte die Nico einer neuen Generation ihre geniale Version von Lou Reeds „Pale Blue Eyes“. Ein lang nachhallendes Konzert.

Zu berichten ist aber auch über ein Projekt mit langer Vorlaufzeit. 2023 ließ der Grazer Künstler Alfredo Barsuglia in Bad Goisern ein Wohnzimmer eingraben – mit Gegenständen, die von der Bevölkerung gestiftet worden waren. Die FPÖ hetzte ob der „Steuergeldvernichtung“ gegen die Intendantin.

Alfredo Barsuglia

Sommer 2023: Das Zimmer wird vergraben

Und nun wurde auf dem „Platz des Unsinns“ – so ein Schild von Barsuglia – das Zimmer ausgegraben. Für Kinder war das eine Hetz, denn man durfte behalten, was man findet. Und so ging manch eines wie Heinrich Schliemann in Troja vor: mit Übereifer. Da zerbrach dann eben die eine oder andere Vase. Barsuglia lässt mit seinem Beitrag „(Tiefer) Einblick in die Gegenwart“ zur Themenausstellung „Analog!“ über die Wegwerfgesellschaft sinnieren. Olaf Holzapfel hat unterdessen an der Traun eine „Bühne für Land und Leute“ …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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