
Die Uraufführung eines „Theateressays“ über den Nahostkonflikt des israelischen Autors Yosi Wanunu im Theater am Werk Meidling
Von Marie-Sarah Drugowitsch
Mit „Unwalling the wall“ bringt der israelische Autor und Regisseur Yosi Wanunu zusammen mit seiner Theatergruppe Toxic Dreams im Theater am Werk Meidling einen persönlichen Essay über Israel und Palästina auf die Bühne: Er präsentiert eine lose zusammengefügte Sammlung aus persönlichen Anekdoten, historischen Reflexionen und politischen Analysen, die vor allem die israelische Armee betreffen. Er spielt dabei auch bewusst mit den Konventionen des Theaters, etwa mit interaktiven Momenten und von ihm als „billige“, aber nicht minder komisch bezeichneten Showeffekten. Anspielungen auf Brecht, Pirandello, Ibsen, Stanislawski und Tschechow brechen mit der Tragik des Themas.
Rashomon Effekt
Das Stück ist Teil des „Rashomon-Zyklus“ (nach dem Film von Akira Kurosawa) und thematisiert, wie verschiedene Menschen dasselbe Ereignis unterschiedlich wahrnehmen. Der Abend verbindet Lesung, Objekttheater, Performance, Sprech- und Marionettentheater miteinander. Dazu werden Interviews, Familienfotos, selbst aufgenommenes Material und architektonische Skizzen auf drei Bildschirmen wiedergegeben.
Sandra Fockenberger
Auch aufgrund einer PowerPoint-Präsentation wird man das Gefühl nicht los, sich in einer hörsaalähnlichen Situation zu befinden. Wanunu selbst meint dazu, es erinnere ihn eher an eine Apple-Präsentationen à la Steve Jobs. Für diesen Vergleich verläuft der Abend nicht reibungslos genug, Perfektion ist aber auch nicht die Intention. Es gibt immer wieder Textprobleme und Mikrofonaussetzer, die humorvoll überspielt werden.
Armee und Architektur
Titelgebender Bezugspunkt ist der US-amerikanische Architekt und Konzeptkünstler Gordon Matta-Clark. Seine „Building Cuts“, rigorose Eingriffe in leerstehende Gebäude, dienten der israelischen Armee als Inspiration für die Methode der „Entmauerung“, die das strategische Anbringen von Durchbrüchen in palästinensischen Häusern in den besetzten Gebieten umfasst, was auch auf der Bühne nachgestellt wird.
Sandra Fockenberger
Die vermeidliche „letzte Szene“ – eine Coda folgt noch, der Abend hat seine Längen – zeigt ein Wohnzimmer aus Kartons, irgendwo in Gaza, in dem sich Theatermenschen über die Zerstörung aller kulturellen Institutionen unterhalten, die die Kulisse über den Köpfen der Schauspieler zusammenbricht.
Wanunu nimmt durch ausführliche Recherchen eine kritische Position ein, die über die Grausamkeit und Verfehlungen der israelischen Armee im Nahostkonflikt richtet, dabei aber mehrmals die Subjektivität seiner Perspektive betont. Für den Zuschauer mündet das Stück in eine Flut an Informationen, die mit mauem Applaus gewürdigt wird.
Source:: Kurier.at – Kultur