Woher unsere Akkus kommen

Kultur

Der Menschenrechtsaktivist Siddharth Kara beschreibt in seinem Buch die Probleme hinter Energiewende und modernem Leben.

E-Autos, die die Klimabilanz verbessern sollen, Smartphones, die aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken sind, Batterien zum Speichern überschüssiger Wind- und Sonnenenergie – all das benötigt eine wichtige Ressource: Kobalt. 111.750 Tonnen davon wurden 2021 in der Demokratischen Republik Kongo abgebaut – das entspricht 72 Prozent des globalen Abbaus.

Der Wirtschaftswissenschafter und Menschenrechtsaktivist Siddharth Kara beschreibt in seinem Buch „Blutrotes Kobalt. Der Kongo und die brutale Realität hinter unserem Konsum“ die Umstände, unter denen das Metall Eingang in die Akkus der Welt findet. „Wir haben drei Generationen lang auf diesem Land gelebt, bis die Bergbauunternehmen kamen. Sie haben uns rausgeworfen und jetzt finden wir nicht mehr genug zu essen für unsere Familien“, sagt ein Bewohner der kongolesischen Stadt Fungurume zu Kara. Nahe der Stadt erstreckt sich ein 1.500 Quadratkilometer großes Bergbaugebiet, dessen Konzessionen in den vergangenen Jahren hauptsächlich von US- an chinesische Unternehmen verkauft wurden. Kara schildert die Umstände, unter denen die Menschen dort arbeiten: wenig Lohn, fast keine Sicherheiten, Kinderarbeit.

Tunneleinsturz

Und unter ständigem Einsatz des eigenen Lebens. „Mehr als 15.000 Männer und Jugendliche hämmerten, schaufelten und schrien in dem Krater, der kaum Platz zum Bewegen oder Atmen bot“, beschreibt er etwa die Shabara-Mine. Andere würden sich nachts auf das Minengelände schleichen, um heimlich nach Kobalt zu schürfen und ihre Funde an Mittelsmänner zu verkaufen.

Kara war selbst Zeuge davon, wie die Leiche eines Burschen nach einem Tunneleinsturz geborgen wurde: „Seine schlanke Gestalt war mit einer Paste aus Schmutz und Blut überzogen, die die Farbe von verbranntem Umbra oder verrostetem Metall hatte. Der Junge schien kaum älter als 15 Jahre zu sein, ein kurzes Leben, das auf die erbärmlichste Weise beendet wurde, die man sich vorstellen kann.“

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Die Zahl der Menschen, die im Kongo in Kobalt-Minen sterben, schätzt Kara auf einige Tausend pro Jahr. „Die fortgesetzte Ausbeutung der ärmsten Menschen im Kongo durch die Reichen und Mächtigen stellt die angebliche moralische Grundlage der heutigen Zivilisation aber infrage“, argumentiert er.

All das – so schreibt Kara – würden Unternehmen wie Apple, Samsung, Huawei, Tesla, BMW und weitere in Kauf nehmen. Sie würden ihr raffiniertes Kobalt von Unternehmen in China, Japan, Südkorea, Finnland oder Belgien beziehen (Kobalt im Kongo zu raffinieren lohne sich nicht) – und so formell frei von Verantwortung sein. Offiziell hätten all die Unternehmen Richtlinien erlassen, um sicherzustellen, dass ihre Lieferketten sauber sind. Die Realität sieht – liest man Karas Buch – anders aus.

Es ist unbestritten, dass der Autor für dieses Buch viele Risiken auf sich genommen hat, es ihm wichtig ist, die Problematik aufzuzeigen. Dass er aber – wie er nicht selten betont – der Erste sei, der diese Missstände aufdeckt, entspricht nicht den Tatsachen. Dennoch ist „Blutrotes Kobalt“ ein lesenswertes Buch, das aufrüttelt.

Harper Collins

Siddharth Kara: „Blutrotes Kobalt“, HarperCollins, 352 Seiten, 26 Euro

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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