
Es ist eine Sparmaßnahme, die einen ehemaligen Finanzminister der Republik ganz besonders freuen dürfte: Die Fußfessel wird ausgeweitet – statt zwölf sind künftig 24 Monate im elektronisch überwachten Hausarrest möglich.
Das Justizministerium will dadurch (wie berichtet) die relativ bescheidene Summe von einer Million Euro pro Jahr einsparen, Karl-Heinz Grasser könnte sich einen Großteil seines Gefängnisaufenthalts ersparen.
Der Oberste Gerichtshof hat Ende März seinen Schuldspruch wegen Untreue in der Buwog-Causa bestätigt und die Strafe auf vier Jahre halbiert. Nach zwei Jahren – der sogenannten „Halbstrafe“ – kommt eine bedingte Entlassung infrage. Und der neue Zeitraum für die Fußfessel beträgt genau zwei Jahre.
Das Timing ist aus Grassers Sicht allerdings nicht optimal: Die Haft antreten sollte der 56-Jährige bis Ende Mai – sofern keine Gründe auftauchen, die für einen Aufschub sprechen. Die Novelle soll Mitte Juni im Plenum beschlossen werden und am 1. September in Kraft treten.
Soziales Umfeld
Jene, die unken, es handle sich um eine „Lex Grasser“, seien daran erinnert, dass die Reform schon bei mehreren Koalitionen auf der Agenda gestanden ist. Der jetzige Entwurf stammt aus dem Jahr 2019 – schon da mit der Absicht, die Gefängnisse und das Budget zu entlasten (siehe unten).
Aber es spricht noch mehr für die Reform, wie Thomas Marecek, Sprecher des Vereins Neustart erklärt: „In Hinblick auf Resozialisierung ist die Ausweitung sinnvoll. Mit der Fußfessel behält man seine Wohnung, seinen Job, bleibt in seinem familiären und sozialen Umfeld.“
Die Rückfallquote liegt bei rund einem Prozent, nach der klassischen Strafhaft bei rund 20. Mit der Fußfessel konzentriert sich die Sanktion auf die eigentliche Strafe: den Freiheitsentzug. Und der ist nicht zu unterschätzen.
Vorab prüft der Verein Neustart, ob die Voraussetzungen vorliegen. Dazu gehört etwa eine regelmäßige Beschäftigung, bei der die Anwesenheit kontrollierbar ist, erklärt Marecek. Das muss nicht unbedingt eine Anstellung sein, auch eine selbstständige oder ehrenamtliche Tätigkeit sowie ein Studium sind möglich.
Garten und Pool sind tabu
Die Entscheidung, ob der elektronisch überwachte Hausarrest genehmigt wird, trifft die Justizanstalt – und die übernimmt auch die Überwachung. So wird die Wohnung vermessen und mit Sendern ausgestattet, um sicherzustellen, dass sich der Häftling nur in den genehmigten Räumlichkeiten aufhält.
Garten, Terrasse oder Pool werden in der Regel ausgeschlossen, Rauchern kann im Freien ein halber Meter Abstand zur Hausmauer eingeräumt werden. Überwacht werden kann auch per GPS-Signal. Hinzu kommen unangekündigte Hausbesuche und Alko-Tests. Die Grenze liegt bei 0,5 Promille, es kann aber auch ein komplettes Alkoholverbot auferlegt werden.
Die Betreuung liegt wiederum beim Verein Neustart. Zweiwöchentlich wird ein „Aufsichtsprofil“ erstellt und klar festgelegt, an welchen Tagen um wie viel Uhr sich der Fußfessel-Träger wo aufzuhalten hat; etwaige Termine wie Arztbesuche werden berücksichtigt. Wer die Regeln bricht, kann die Fußfessel verlieren – und muss wieder ins Gefängnis. So geschehen bei Hannes Kartnig, früherer Sturm Graz Präsident, im Jahr 2014, weil er bei einem Essen in einem Nobelhotel erwischt wurde.
Mit der Reform soll künftig ein Recht auf „Aufenthalt im Freien“ verankert werden. Diesen gab es derzeit nur nach Genehmigung der Justizanstalt – im Ausmaß von einer Stunde pro Tag, drei Stunden am Wochenende; aber pro Woche in Summe nicht mehr …read more
Source:: Kurier.at – Politik