
Nach vierzig Jahren Kriege und Konflikte steht die Einigung auf ein historisches Friedensabkommen. Aber noch warten auf Armenien und Aserbaidschan ein paar Fallstricke.
Zwei große Kriege mit Zehntausenden Todesopfern, jahrzehntelangen Konflikt und ethnische Säuberungen haben Armenien und Aserbaidschan hinter sich – aber jetzt könnten die beiden verfeindeten Nachbarstaaten endgültig den Weg zum Frieden einschlagen. In der Vorwoche haben sich die Führungen in Erwan und Baku auf ein Friedensabkommen geeinigt. Das armenische Außenministerium versicherte, die Vereinbarung sei unterschriftsreif und man sei bereit, über Datum und Ort der Unterzeichnung zu verhandeln.
Aserbaidschan bestätigte, dass die Verhandlungen zufriedenstellend abgeschlossen seien. Dennoch bleibt der genaue Zeitpunkt der Unterzeichnung noch offen.
Denn Aserbaidschan knüpft das Abkommen an eine Bedingung:
Armenien müsse eine Verfassungsänderung beschließen – und darin soll ein für alle Mal festgeschrieben sein, dass die Kaukasusrepublik auf Gebiete in Aserbaidschan keinen Anspruch mehr stellt: Gemeint ist damit im Konkreten die Enklave Berg-Karabach.
Die armenische Regierung weist zwar zurück, dass bereits Vereinbarungen für eine Verfassungsänderung getroffen worden seien. Allerdings hatte Ministerpräsident Nikol Paschinjan in den vergangenen Monaten mehrfach zu einer Verfassungsreform aufgerufen.
Verlorener Krieg
Die Friedensverhandlungen folgten auf eine aserbaidschanische Blitzoffensive im Jahr 2023, bei der das Land die umstrittene Kaukasus-Region Bergkarabach wieder unter seine Kontrolle brachte. Zunächst war die Zufuhr von Lebensmitteln an die armenische Bevölkerung blockiert worden, dann kam es zu militärischem Eingreifen.
EPA/ROMAN ISMAYILOV
Armenische Massenflucht aus Berg-Karabach im Herbst 2023
Daraufhin mussten die dort lebenden 100.000 Armeniern binnen weniger Tage aus der Enklave fliehen. Armeniens eigentliche Schutzmacht Russland sah den ethnischen Säuberungen ohne einzugreifen zu.
Der Konflikt zwischen den beiden Ländern hatte sich bereits in den späten 1980er Jahren angebahnt, als die Sowjetunion zerfiel, und Armenien und Aserbaidschan in Folge dessen unabhängige Staaten wurden.
Sofort brachen ethnische Konflikte aus, als Bergkarabach sich mit Unterstützung Armeniens von Aserbaidschan lossagte und dort lebende Aserbaidschaner vertrieb.
Die Beziehungen zwischen beiden Ländern bleiben aber weiter angespannt. Ihre 1000 Kilometer lange gemeinsame Grenze ist stark militarisiert. Noch im Jänner bezeichnete der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew Armenien als „faschistische“ Gefahr, die zerstört werden müsse – Äußerungen, die Armeniens Führung als möglichen Versuch wertete, eine neue Aggression zu rechtfertigen. Streitpunkt ist vor allem eine Landverbindung aus Aserbaidschan in dessen Exklave Nachitschewan, die Baku als „Sangesur-Korridor“ bezeichnet.
Alijew möchte auch den Abzug der EU-Mission, die auf armenischem Territorium die Situation im Grenzgebiet beobachtet.
Der Konflikt belastet zudem die Beziehungen zwischen Russland und der ehemaligen Sowjetrepublik Armenien erheblich. Als Aserbaidschan 2023 in Bergkarabach einmarschierte, griffen die dort stationierten russischen Friedenstruppen nicht ein.
In der Folge verließ Armenien das von Moskau geführte Militärbündnis OVKS und bemüht sich seither um engere Beziehungen zu den USA und der EU.
Source:: Kurier.at – Politik