
Mehr als eine halbe Million Menschen haben eine Petition unterzeichnet, in der eine internationale Untersuchung des Vorfalls gefordert wird.
Nach dem abrupten Ende der Belgrader Massendemonstration drängen serbische Regierungskritiker auf eine unabhängige Untersuchung der Umstände.
Bis Montag seien mehr als 3.000 Aussagen von Teilnehmern der Demonstration gesammelt worden, die den Einsatz einer Schallkanone belegen sollen. Die Behörden hatten dies energisch bestritten und wollen gegen jene vorgehen, die behaupten, dass die verbotene Waffe eingesetzt worden sei.
Regierung will FBI und FSB untersuchen lassen
Mehr als eine halbe Million Menschen unterzeichnete innerhalb von weniger als 24 Stunden eine Petition, die eine internationale Untersuchung des Vorfalls verlangt. Konkret sollen das UNO-Menschenrechtskommissariat, der Europarat und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) tätig werden. Ministerpräsident Miloš Vučević stellt sich eine internationale Untersuchung anders vor. Er hat vorgeschlagen, die US-Bundespolizei FBI und den russischen Geheimdienst FSB ins Land zu holen, „um die Untersuchung durchzuführen“.
Teilnehmer der Demonstration hatten angegeben, dass sie am Samstag um 19.11 Uhr und 19.12 Uhr eine starke Hitzewelle, ein Dröhnen und Motorengeräusche wahrgenommen hätten. Danach seien sie durch eine Druckwelle umgeworfen worden.
Abrupter Abbruch
„Wir haben ein lautes Geräusch gehört, wie von einer Rakete oder einem schnellen Auto, und auf einmal warf uns eine Druckwelle um. Die Menschen fielen auf uns, begannen zu schreien und zu rufen“, sagte ein Teilnehmer am Sonntag dem Fernsehsender N1. Wegen der Panik brachen die Organisatoren den Protest abrupt ab.
Serbischen Medienberichten zufolge wurden Dutzende Menschen im Belgrader Krankenhaus wegen Beschwerden aufgenommen, die auf den Einsatz der Kanone zurückzuführen sein könnten. Das Spital selbst dementierte die Angaben.
Spekulationen über Einsatz von US-Gerät Genesis
Der frühere Polizeikommissar Božo Prelević gab an, dass es sich um ein in den USA hergestelltes Gerät namens Genesis gehandelt haben könnte. Dieses sei im Jahr 2022 nach Serbien eingeführt worden. „Diese Art Kanon kann Hörschäden verursachen, wirkt sich auf Herzschrittmacher aus, kann zum Platzen von Adern führen und bleibende Schäden verursachen“, sagte Prelević dem Sender Nova TV.
Die Vorwürfe wurden von der serbischen Regierungsspitze energisch zurückgewiesen. „Auf den Straßen Belgrads gab es keine Schallkanone, weder die Polizei noch ein anderes staatliches Organ haben sie eingesetzt“, betonte Vučević. Präsident Aleksandar Vučić forderte indes das Justizministerium auf, „die Wahrheit über den Einsatz der Schallkanone zu ergründen“. Zudem sollen jene verfolgt werden, „die mit solchen Täuschungen in die Öffentlichkeit gegangen sind und die Bürger beunruhigt haben“.
Entsprechend teilte die Belgrader Staatsanwaltschaft am Sonntag mit, dass sie die Herkunft von Informationen über die Spitalsbehandlung von Dutzenden Menschen mit womöglich durch eine Schallkanone verursachten Beschwerden untersuche. Man ermittle wegen des Verdachts des Hervorrufens von Panik und Unordnung, einem mit bis zu fünf Jahren Haft bedrohten Straftatbestand.
Source:: Kurier.at – Politik