Eine Million Menschen im Libanon auf der Flucht – wo gibt es Schutz?

Politik
Flüge aus Beirut sind gestrichen oder ausgebucht. Wer es sich leisten kann, flieht mit der Jacht nach Zypern. Kosten: 2.000 Dollar.

Wer es sich leisten kann, flieht per Jacht nach Zypern. Der Großteil der Flüchtlinge bleibt jedoch im Land – oder rettet sich ins zerstörte Syrien. Muss sich auch Europa wappnen?

Die Fotos zeigen Menschen mit großen Koffern, die aufs Boot drängen – auf Jachten, die eigentlich für Touristenfahrten gebucht werden können. Für sehr reiche Libanesen, Ausländer und Diplomaten wurden diese zuletzt zu Rettungsbooten, die sie außerhalb des Landes in Sicherheit nach Zypern brachten. Kosten für eine Überfahrt: mindestens 2.000 US-Dollar.

Unleistbar für den Großteil der Menschen im Libanon, die vor den israelischen Raketen und der Bodenoffensive im Süden des Landes flüchten. Sie versuchen, Schutz in anderen Teilen des Libanon zu finden. Die einzige andere Möglichkeit, die ihnen bleibt: der Landweg in das vom Bürgerkrieg zerstörte Nachbarland Syrien.

Timothy Wolfer / Zuma / picturedesk.com

Flüge aus Beirut sind gestrichen oder ausgebucht. Wer es sich leisten kann, flieht mit der Jacht nach Zypern. Kosten: 2.000 Dollar.

Seit einem Jahr, seit die Hisbollah-Miliz nach der Terrorattacke der islamistischen Hamas anfing, auf Israel Raketen zu schießen, herrscht ein täglicher Raketenbeschuss in der Grenzregion. Nach den Pager-Explosionen und der Tötung von Hisbollah-Chef Nasrallah fliehen auch Menschen aus anderen Landesteilen – laut libanesischen Angaben sind eine Million der 5,8 Millionen im Libanon lebenden Menschen auf der Flucht.

„Die Allermeisten versuchen, im Libanon einen sicheren Ort zu finden“, sagt der Österreicher Roland Schönbauer, Sprecher des UN-Flüchtlingshochkommissariats in Jordanien. Geschätzt 160.000 Menschen sind in den letzten zehn Tagen nach Syrien gekommen: „Die meisten mit nicht mehr als einem Plastiksackerl mit ihren Habseligkeiten in der Hand.“

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70 Prozent der in Syrien Ankommenden seien selbst Syrer, einst vor dem Krieg oder dem Assad-Regime im Herkunftsland geflüchtet. „Sie werden jetzt mindestens zum zweiten Mal in die Flucht getrieben.“

REUTERS/Louisa Gouliamaki

Ein beschädigtes Gebäude nach einem israelischen Angriff auf das Bachoura-Viertel im Zentrum von Beirut, 3. Oktober 2024.

Gezwungen, ins Bürgerkriegsland zurückzukehren

Seit dem Bürgerkrieg 2011 hat der Libanon 1,5 Millionen Syrer aufgenommen, die größte Anzahl weltweit in Relation zur Bevölkerung. Sie waren zuletzt jedoch immer weniger willkommen, wurden von der Politik zu Sündenböcken für Kriminalität, Instabilität und die katastrophale, wirtschaftliche Lage des Landes gemacht.

Das syrische Regime hat den Grenzübertritt für syrische und libanesische Flüchtlinge in den letzten Tagen erleichtert. UNHCR und andere Hilfsorganisationen versorgen die Ankommenden in Syrien an den vier offiziellen Grenzübergängen mit dem Nötigsten, „Wasser, Lebensmittel, Windeln. Und wir versuchen, Transportmöglichkeiten für jene Syrer zu bieten, die bei Angehörigen unterkommen wollen.“ Die libanesischen Geflüchteten kommen in Auffanglagern von NGOs unter.

EPA/ABBAS SALMAN

Libanesen haben Zelte in der Nähe des Meeres in Beirut errichtet, 03. Oktober 2024. 

Die Caritas-Österreich-Delegierte Ilaria Borella lebt seit Jahren im Zentrum von Damaskus. Israel bombardierte in den letzten Monaten auch verstärkt Syrien, die Angriffe waren auch Borellas Nachbarschaft zu vernehmen. Das Land steckt nach Ende der großflächigen Kämpfe in einer wirtschaftlichen Krise, Energie ist knapp, Wiederaufbau findet kaum statt. Korruption und internationale Sanktionen erschweren die Lage. „Die Menschen haben keine Hoffnung, keine Zukunft, es gibt keine wirtschaftliche Perspektive“, schildert sie.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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