Kinderwunsch, oder Kindermord? Kulturkampf um künstliche Befruchtung in den USA

Politik

Nicht nur Abtreibung, auch künstliche Befruchtung ist für konservative Christen in den USA ein Feindbild – und jetzt auch Thema im Wahlkampf.

Ein Kinderwunsch und all die oft verzweifelten Versuche, sich den zu erfüllen, ist für viele Paare ein schwieriges und vor allem ein sehr privates Thema. Auch für Tim und Glen Walz war es das über Jahrzehnte. Jetzt aber spricht der Kandidat der US-Demokraten für die Vizepräsidentschaft auf seinen Wahlkampfauftritten darüber – und seine Ehefrau erklärt in US-Nachrichtensendern ausführlich, welche Technik der Befruchtung sie selbst verwendet hat. Denn manche dieser Techniken sind in den USA nicht nur umstritten und ein Thema im Wahlkampf, sondern in einem Bundesstaat sogar demnächst verboten.

Rund 90.000 Kinder kommen jährlich dank künstlicher Befruchtung in den USA zur Welt. Das gefällt im – in vielen Regionen tiefreligiösen – Amerika nicht jedem. Die erfolgreichste und auch am weitesten verbreitete Technik in den USA ist die „In Vitro Fertilisation“ (IVF). Eizellen werden vom Arzt entnommen, im Reagenzglas mit dem Samen des Mannes befruchtet und danach der Frau eingepflanzt. Dafür aber werden nur die am besten entwickelten Eizellen verwendet, die übrigen werden eingefroren und schließlich weggeworfen. 

Für konservative Christen aber gelten diese befruchteten Eizellen bereits als Kinder. Sie wegzuwerfen kommt daher einem Kindermord gleich. Lange eine Haltung, die sich auf diese religiösen Minderheiten beschränkte und im Alltag der meisten Amerikaner keine Rolle spielte, hat sich um das Thema künstliche Befruchtung ein Glaubenskrieg entwickelt – und der platzt jetzt auch in den US-Wahlkampf.

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Abtreibungsverbot brachte den Stein ins Rollen  

Auslöser war eine Entscheidung des US-Höchstgerichts vor zwei Jahren. Die seit Trumps Präsidentschaft mehrheitlich konservativen Richter hoben ein Urteil aus den 1970ern auf, das seit damals als rechtliche Grundlage für legale Schwangerschaftsabbrüche überall in den USA gilt. Der Anfang eines neuen Konflikts um die Abtreibung – ein Thema, das die US-Gesellschaft traditionell spaltet wie kaum ein anderes.

Der Reihe nach führten republikanisch regierte, konservative Bundesstaaten ein Abtreibungsverbot ein, je konservativer desto rigoroser. Unter den strengsten: der Bundesstaat Alabama im tiefen US-Süden. Dort dürfen Abtreibungen seither nur noch durchgeführt werden, wenn das Leben der Mutter akut in Gefahr ist. Für die konservativen Christen ein historischer Triumph, dem bald der Ruf nach noch härteren Einschränkungen folgte, also dem Verbot der künstlichen Befruchtung mit der IVF-Technik. Alabama setzte den ersten Schritt: Das Höchstgericht des Bundesstaates setzte die befruchteten Eizellen Kindern gleich – ein Verbot der IVF als quasi Kindsmord ist damit in Alabama nur noch eine Frage der Zeit.

Wahlkampf-Thema für die Demokraten

Eine Haltung, die die meisten Amerikaner nicht mittragen. Mehr als 80 Prozent befürworten laut Umfragen legale Schwangerschaftsabbrüche, zumindest mit Einschränkungen. Grund genug für die Demokraten und ihr Kandidaten-Duo Kamala Harris und Tim Walz, das Thema auch im Wahlkampf anzusprechen. Kamala Harris präsentiert sich ohnehin klar als Befürworterin legaler Schwangerschaftsabbrüche überall in den USA, also einer Rückkehr einer bundesweiten Regelung. 

Walz dagegen, der eher konservative Wähler anspricht, machte zumindest den Streit um die künstliche Befruchtung zum Thema – und zwar zu einem ganz persönlichen. „IVF? Da wird es für mich und meine Familie ganz persönlich“, erzählte der Gouverneur von …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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