Kurz nach Freispruch: „Aufwand war nicht rechtzufertigen“

Politik

Nach seinem Freispruch in der Falschaussage-Causa ist der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Dienstag vor die Medien getreten. Gleich zu Beginn der Pressekonferenz meinte er, alle enttäuschen zu müssen, die nun eine „Abrechnung“ erwarteten. Nichtsdestoweniger kritisierte er die „politische Kultur“ und die Justiz. Einer Rückkehr in die Politik erteilte er abermals eine Absage.

Bereits direkt nach dem Urteil im Wiener Justizpalast, wo das Oberlandesgericht Kurz‘ achtmonatige, bedingte Haftstrafe aufgehoben und ihn von den Vorwürfen, im Ibiza-U-Ausschuss falsch ausgesagt zu haben, freigesprochen hatte, kündigte er an, noch „ausführlich“ Stellung beziehen zu wollen.

„Anzeigen aufgeblasen wie einen Heißluftballon“

Für ihn seien die letzten vier Jahre ein „sehr belastende Zeit“ gewesen, und das obwohl er in einer „sehr privilegierten“ Situation sei, in der er familiären Rückhalt genieße und die finanziellen Mittel für ein Strafverfahren habe. Wer das nicht habe, zerbreche oftmals an so einem Verfahren. 

„Es ist gar nicht so sehr das Delikt selbst oder die Strafdrohung, die ja keineswegs lebensverändernd wäre, es ist viel mehr der unglaubliche Aufwand der hier betrieben wird. Es ist das vorgeführt werden, es waren die zwölf Verhandlungstage im großen Schwurgerichtssaal, wo sonst Mörder und Schwerverbrecher sich verantworten müssen“, sagte Kurz am Dienstag.

So sei sein Verfahren nicht verhältnismäßig gewesen, bemängelte Kurz. „Wir sprechen von tausenden Seiten, 30 Zeugen, zwölf Verhandlungstagen und nationalen und internationalen fast 10.000 Berichten“. Man müsse nicht jede „Anzeige aufblasen wie einen Heißluftballon“, weil damit „Druck aufgebaut“ werde, auch auf die Ermittler selbst, „das am Ende ja etwas rauskommen muss, sonst ist ja all dieser Aufwand am Ende gar nicht zu rechtfertigen“.

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„Systemisches Problem“

Es sei eine „Schieflage“ bei der politischen Kultur eingetreten, meinte Kurz. So gehe es nicht mehr um den Wettbewerb der besten Ideen, sondern „um den nächsten Skandal und die nächste Anzeige“. Das führe „zu einer Verarmung der politischen Debatte, zu einem unangenehmen Klima in der Politik und es zerstört das Vertrauen in die Politik“.

Dass auch Kurz und sein Team in seiner Zeit als Politiker zu dieser Situation beigetragen hätten, verneinte er auf Nachfrage: „Ich glaube ich habe in meiner Zeit versucht, es immer positiv anzulegen und andere nicht anzugreifen“, proklamierte er einmal mehr den von ihm forcierten „neuen Stil“. „Ich kann mich an keine Situation erinnern, wo wir andere untergriffig angegriffen hätten“, meinte Kurz, sagte aber auch. „Wir haben vieles richtig und einiges falsch gemacht.“

Unabhängig von seiner Person hätte man in den letzten Jahren den Eindruck bekommen, dass drei der letzten fünf Finanzminister korrupt gewesen seien: „Löger, Blümel, Pröll (alle ÖVP, Anm.)“. Aber auch gegen Norbert Hofer, Mario Kunasek (beide FPÖ) und Christoph Chorherr (Grüne) seien ewig lange Verfahren geführt worden, ohne dass am Ende etwas herausgekommen sei. Ermittlungsverfahren würden „zu oft, zu lange, und mit einer überbordenden Intensität“ betrieben, wodurch Rechtsstaat und Demokratie leiden würden.

Auch Experte kritisierte Verfahrensdauer

Kritik an der langen Verfahrensdauer äußerte am Montagabend in der „ZiB 2“ auch der Vorstand des Instituts für Wirtschaftsrecht der WU Wien, Robert Kert: „Das wird normalerweise in wenigen Stunden aufgearbeitet und braucht nicht vier Jahre. Der Aufwand ist enorm. Man fragt sich, ob es gerechtfertigt ist, nur …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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