Landwirtschaftsminister: „Unser Ansatz ist diametral zu jenem der EU“

Politik
Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, Klimaministerin Leonore Gewessler

Warum sich Norbert Totschnig (ÖVP) gegen die Renaturierung und für den ökosozialen Ansatz ausspricht und wann er zuletzt mit Leonore Gewessler gesprochen hat.

Die Renaturierungsverordnung sieht unter anderem vor, dass bis 2030 die EU-Staaten 20 Prozent der beschädigten Natur wiederherstellen. Am Montag stimmte die grüne Klimaministerin Leonore Gewessler in Luxemburg für die Renaturierungsverordnung und damit gegen die Haltung des Regierungspartners ÖVP und der ÖVP-Landeshaupleute. Die Volkspartei brachte daraufhin u. a. eine Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs gegen Gewessler ein.

APA/EVA MANHART

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) kritisiert die Rückwärtsgewandtheit der EU und befürchtet Versorgungsmängel.

KURIER: Wann haben Sie zuletzt mit Klimaministerin Leonore Gewessler gesprochen?

Norbert Totschnig: Beim letzten Ministerrat vor der Abstimmung über die EU-Renaturierung.

Mit Österreich haben 20 EU-Staaten für die Renaturierung gestimmt. Was ist aus ÖVP-Sicht abseits der Rechtsfrage inhaltlich so schlimm daran?

Wir haben in Österreich eine vorbildhafte Landwirtschaftspolitik. An unserem Agrarumweltprogramm nehmen 80 Prozent freiwillig teil. Wir haben die meisten Biolandwirte in ganz Europa, mit dem Wald-Fonds eine Finanzierungsmöglichkeit geschaffen, um klimafitte Wälder zu entwickeln, und unser Renaturierungsprojekt am Rhein ist europaweit einzigartig. Wir schaffen all das durch Anreize und Förderungen anstatt durch Verbote. Unser ökosozialer Ansatz ist diametral zu jenem der EU.

Inwiefern?

Das sind vollkommen gegensätzliche Ansätze, die aufeinanderprallen. 

Die Renaturierungsverordnung arbeitet mit Verboten und Bürokratie und ist rückwärtsgewandt, indem sie auf historische Vorlagen zurückgreift. Wir setzen auf eine aktive Bewirtschaftung der Natur- und Kulturlandschaft als Antwort auf den Klimawandel. Unser Blick richtet sich nach vorne, nicht zurück. Wir brauchen klimafitte Wälder, die dem Temperaturanstieg, der in den nächsten Jahrzehnten stattfinden wird, standhalten.

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Das heißt, Sie sind für die Renaturierung, nur der Weg ist ein anderer?

Es gibt kein Land in Europa, das so viel auf Natur- und Umweltschutz achtet wie Österreich. Wir haben allein die Biodiversitätsflächen von 150.000 auf 230.000 Hektar ausgeweitet – und das freiwillig. Ich verstehe nicht, warum der ökosoziale Aspekt nicht gesehen wird.

Wir kennen keine Wissenschafter, die die Renaturierungsverordnung inhaltlich kritisieren.

Ich kenne viele, aber es werden fast immer nur die gefragt, die einen konservierenden Naturschutz vertreten. Fragen Sie mal Agrar- und Forstökonomen. 20 Prozent der Land- und Meeresfläche in der EU sollen bis 2030 renaturiert werden. Lege ich das anteilsmäßig auf Österreich um, dann müsste eine Fläche so groß wie die Steiermark renaturiert werden. Sie müssen sich vorstellen, was das für die Landnutzer, Steuerzahler und Konsumenten bedeutet. Die Frage der Kosten ist völlig offen – wir schätzen mehrere Milliarden pro Jahr bis 2050.

Sie führen immer wieder die 154 Milliarden Euro Schätzung der Kosten laut EU-Kommission an – sagen aber nichts über den potenziellen Nutzen von über 1.860 Milliarden Euro.

Wir gehen von weit höheren Kosten aus. Wir haben das größte Interesse an einer intakten Natur und Biodiversität, aber wir haben auch Interesse an einer wettbewerbsfähigen land- und forstwirtschaftlichen Produktion.

Es geht doch jetzt allen in der EU gleich, was die Wettbewerbsfähigkeit betrifft.

Uns geht es um die strategische Autonomie Europas, und das nicht nur bei der Energieversorgung. Es geht um die Lebensmittelversorgung! Wir brauchen eine leistungsfähige Wirtschaft, die ökologisch verantwortungsvoll und sozial orientiert ist.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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