Strafzölle, Handelsbarrieren, Provokationen – die Drohungen des nächsten US-Präsidenten könnten auch positive Folgen haben – indem Trump Europa dazu zwingt, richtig zu antworten.
Dieser Artikel ist der sechste und damit letzte Teil der KURIER-Serie “Angst vor der Zukunft?” In der wir Expertinnen und Experten mit den brennendsten politischen Fragen für das neue Jahr konfrontieren. Alle Serien-Teile finden Sie hier.
Dieser Mann sagt Sätze wie: „Die globale Erwärmung wurde von und für Chinesen erfunden, um die amerikanische Produktion wettbewerbsunfähig zu machen.“ Oder über Migranten aus Haiti: „In Springfield essen sie die Hunde. Sie essen die Katzen. Sie essen die Haustiere der Leute, die dort leben.“ Oder über eine TV-Moderatorin: „Blut, das aus ihrer Wo-auch-immer herauskommt“. Donald Trump kann sagen, was er will – die Mehrheit der Amerikaner wählte ihn trotzdem.
Dass der 78-jährige, nächste US-Präsident trotz seiner extremen Sager oft nicht ernst genommen wird, hat vor allem mit einem zu tun: Trump ist kein Ideologe, kein sturer Parteiapparatschik, kein Dogmatiker. Seine einzigen Ideologien sind die Unberechenbarkeit – und seine Selbstverliebtheit. Darin ist Trump glaubhaft und authentisch. Oder wie er über sich selbst sagt: „Das Schöne an mir ist, dass ich sehr reich bin.“ Oder: „Meine Finger sind lang und schön, wie gut dokumentiert wurde, wie auch andere Teile meines Körpers.“
Sollte man also auf der anderen Seite des Atlantiks Angst haben vor diesem erratischen, Narziss zugeneigten, bald wieder mächtigsten Mann der Welt? Lässt sich vom 47. Präsidenten der USA auch etwas Positives erwarten?
„Trump hat schon in seiner ersten Amtszeit 2016 von Anfang an ein paar grundlegende Dinge richtig verstanden, die den Amerikanern zu schaffen machen“, sagt Stephen Walt. So meint der an der Universität Harvard lehrende US-Politologe im Gespräch mit dem KURIER:
„Er hat gesehen, dass die Migration nicht wirksam gemanagt wird. Dass die Globalisierung mit ihren offenen Grenzen für alle Handelsströme nicht unbedingt nur gut ist. Er hatte außerdem Recht damit, dass die meisten Amerikaner diese ewigen Kriege in Afghanistan und im Irak nicht mehr wollten. Und er hat auch begriffen, dass manche Alliierten zu abhängig vom amerikanischen Schutz sind.“
Doch Stephen Walt hat noch nicht einmal richtig ausgeatmet, als er sofort nachsetzt: „Aber Trump hatte nicht unbedingt die guten Antworten, auf keine dieser Herausforderungen.“
Die Lösung für fast alle Probleme
Eine von Trumps General-Lösungen für eigentlich fast alle Probleme: Zölle. Mit derartigen Drohungen gegen Mexiko und Kanada will er weniger Zuwanderung erzwingen. Der Europäischen Union droht er wegen des Handelsdefizits mit Importzöllen in Höhe von zehn bis 20 Prozent, auf Produkte aus China sogar in Höhe von 60 Prozent. „Wir wollen die Hunderte Milliarden Dollar aus den Zöllen zum Nutzen unserer Bürger einsetzen und damit unsere Staatsschulden abzahlen“, versprach Trump noch kurz vor den Wahlen auf dem Detroit Economic Forum.
Wobei hier ausgerechnet einer von Trumps neuerdings engsten „buddys“ gegenhalten könnte: „Elon Musk könnte Trump bei den Zöllen bremsen“, glaubt Stephen Walt, „Unternehmer wie er brauchen freie Handelswege.“ Auch ins von Trump so angefeindete China – aber erst müsse man sehen, meint der US-Politologe ein wenig skeptisch, wie weit der Einfluss des IT-Milliardärs auf den nächsten US-Präsidenten tatsächlich …read more
Source:: Kurier.at – Politik