
Für die neue Justizministerin Anna Sporrer hat die neue Bundesstaatsanwaltschaft oberste Priorität. Gerichtsurteile sollen „gut“ kommuniziert werden. Sparen sei in ihrem Ressort fast nicht möglich.
Die dunkle Holzvertäfelung aus der Ära Christian Brodas ist noch da, ebenso die opulenten Luster an der Decke. Der Vintage-Stil hat schon was, findet Anna Sporrer, neue Hausherrin im Palais Trautson. Nur die klobigen Sessel mitsamt Besprechungstisch mussten schmaleren, blauen (mutmaßlich aus den frühen 2000ern) weichen. Was die Ex-Verwaltungsrichterin hier im Justizministerium sonst noch vor hat.
KURIER: Fürs Justizministerium sind viele Namen kursiert, Sie hatte aber niemand am Radar. Wie kam’s dazu?
Anna Sporrer: Ich bin relativ kurz, bevor es bekannt geworden ist, vom heutigen Vizekanzler Andreas Babler gefragt worden.
Wie lange haben Sie überlegt?
Ich habe mir das kurz durch den Kopf gehen lassen und mich im selben Telefonat entschieden.
Was hat Sie so an dem Job gereizt?
Der Gedanke, mit dem Recht die Gesellschaft zu gestalten – das begleitet mich schon mein ganzes Berufsleben. Ich war Beamtin und lange im Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts, wo ich Gesetzesbegutachtungen gemacht habe. Meine erste berufliche Station war der Verfassungsgerichtshof, der ja Negativgesetzgeber ist. Die letzte Station war die Rechtsprechung im engeren Sinne als Richterin. Als Vizepräsidentin war ich im Rahmen der Justizverwaltung tätig. Rechtsanwältin war ich auch. Ich bringe also von allem, was man für dieses Amt braucht, etwas mit.
Im Internet findet man über Sie relativ wenig. Es gibt nur ein Interview aus dem Jahr 2020, da kritisieren Sie „Marionettenfrauen in der Politik“, die keine eigene Agenda haben. Was ist Ihre Agenda?
Die Stärkung des Rechtsstaats, der unabhängigen Rechtsprechung. Und natürlich, Frauen- und Menschenrechte in den Vordergrund zu bringen.
Sie waren an den Regierungsverhandlungen nicht beteiligt und müssen jetzt umsetzen, was andere ausgemacht haben. Für Ihre Agenda bleibt relativ wenig Spielraum.
Ich finde genug Spielräume. Meine Priorität ist jetzt die Bundesstaatsanwaltschaft. Ich bin dankbar für die Eckpfeiler im Regierungsprogramm – vor allem, dass es eine kollegiale Spitze geben soll. Das ist ganz wichtig.
Sie dürften die erste Justizministerin in der Geschichte sein, die keine Kontrolle mehr über einzelne Strafsachen hat. Wie geht es Ihnen mit dem Gedanken, da loszulassen?
Damit geht es mir sehr gut. Jeglicher Anschein einer Einflussnahme einer politischen Spitze – die ich jetzt auch bin – soll beseitigt werden. Die Bevölkerung soll darauf vertrauen können, dass es sich niemand mit Geld, Einfluss oder was auch immer richten kann, sondern dass alle gleich behandelt werden.
Eine von Ihrer Vorgängerin Alma Zadić eingesetzte Arbeitsgruppe hat Vorarbeit geleistet, das Regierungsprogramm weicht davon ab: eine Bestelldauer von sechs statt zwölf Jahren, „Transparenz beim Abstimmungsverhalten“ und „Kontrolle durch das Parlament“.
Das Regierungsprogramm steckt den Rahmen ab. Wir werden uns mit den Expertinnen und Experten im Haus sowie betroffenen Akteuren alles gut anschauen. Diesen Gesprächen möchte ich nicht vorgreifen.
Was denken Sie persönlich zum Thema Transparenz? Beim Verfassungsgerichtshof wehrt man sich seit jeher gegen die „Dissenting Opinion“ mit dem Argument, es würde die Entscheidung schwächen, wenn die Bevölkerung erfährt: Dieser oder jener Richter hat das anders gesehen.
Es schwächt die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit. Meiner Vorstellung nach – das ist nicht festgelegt – sollen innerhalb der kollegialen …read more
Source:: Kurier.at – Politik