Paket rund um Handyabnahme: Gerichtspräsidenten sind erzürnt

Politik

Für die Begutachtung sind nur zwei Wochen, für Korrekturen nur ein Tag eingeplant. Die vier Präsidenten der Oberlandesgerichte erinnern die Regierung an Regeln des „demokratischen Rechtsstaats“.

Selten hat man die Präsidenten der vier Oberlandesgerichte so verärgert erlebt wie in ihrer aktuellen Stellungnahme zum Reformpaket rund um die Handysicherstellung. 

Sie schreiben, dass der Entwurf nach monatelangen politischen Beratungen  am 17.6.2024 (das Datum wurde auch in der Aussendung gefettet) versandt wurde. Dieser enthält nicht nur die neuen Regeln für die Handy- bzw. Datensicherstellung, sondern eine Reihe weiterer Änderungen in der Strafprozessordnung. In Summe umfasst das Paket rund 200 Seiten – und um dieses zu bewerten und eine Stellungnahme abzugeben, haben die Experten aus der Praxis nur zwei Wochen Zeit. 

„Begutachtungsverfahren gelten mit gutem Grund als ein wesentlicher Bestandteil der demokratischen Gesetzgebung. Damit sollen die von neuen Gesetzen betroffenen Institutionen ebenso wie die allgemeine Öffentlichkeit über Neuerungen informiert und soll ihnen eine kritische Stellungnahme ermöglicht werden“, heißt es in der Aussendung von Präsidentin Katharina Lehmayer (Wien) sowie die Präsidenten Michael Schwanda (Graz), Erich Dietachmair (Linz) und Wigbert Zimmermann (Innsbruck) weiter.

Kurze Frist, keine Einbeziehung

Es entspreche zudem einer „guten Tradition“, dass die von den Änderungen regelmäßig betroffenen Gerichte in den Gesetzwerdungsprozess einbezogen werden. Bei den Gerichten egbe es sogar eigene Senate, die nur dafür eingerichtet wurden, Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen abzugeben. 

Beides ließ das zuständige Justizministerium aus: Weder wurde die Richterschaft in die Verhandlungen einbezogen, noch gebe es eine angemessene Frist, um sich das Ergebnis der Verhandlungen ordentlich anzusehen, heißt es sinngemäß weiter.

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Wie lang eine Begutachtungsfrist zu sein hat, ist gesetzlich nicht geregelt, die Gerichtspräsidenten nennen aber ein Rundschreiben des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt, in dem eine sechswöchige Mindestfrist empfohlen wird. 

Das I-Tüpfelchen: Die Begutachtungsfrist endet am 1. Juli – und am 3. Juli ist eine weitere parlamentarische Beratung im Nationalrat vorgesehen. Dem Vernehmen nach soll das Paket da auch gleich beschlossen werden. „Es ist nicht nachvollziehbar, wie an einem Tag, nämlich am 2. Juli, Änderungen eingearbeitet werden sollen, die sich aus der Begutachtung ergeben.“ 

Und deshalb sind die Gerichtspräsidenten ziemlich sauer. 

Weiter geht’s in gefetteter und unterstrichener Schrift: 

„Wir fordern daher die Bundesregierung auf, für die Begutachtung dieser und aller weiteren derart umfassenden Gesetzesänderungen eine in einem demokratischen Rechtsstaat angemessene Frist in der Dauer von mindestens sechs Wochen vorzusehen, um den von den Änderungen betroffenen Institutionen, aber auch der Wissenschaft und der Öffentlichkeit eine wirksame Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen.“

Sofern das Paket nicht am 3. Juli, sondern erst in der letzten Nationalratssitzung am 18. September beschlossen werden soll, dann „hätte gleich auch eine längere Begutachtungsfrist vorgesehen werden können“, schreiben die Präsidentin Katharina Lehmayer (Wien) sowie die Präsidenten Michael Schwanda (Graz), Erich Dietachmair (Linz) und Wigbert Zimmermann (Innsbruck) weiter. 

Massive Bedenken hegt auch die Vereinigung der Staatsanwälte. Nicht nur die kurze Begutachtungsfrist, sondern auch die organisatorische Trennung von Aufbereitung und Auswertung der Handydaten kritisieren sie scharf. Damit sei dieser Bereich des Ermittlungsverfahrens gänzlich der Kontrolle der Justiz entzogen (der KURIER berichtete, siehe oben). 

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Source:: Kurier.at – Politik

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