
Mehr als 20 Jahre nach dem Verkauf der staatlichen BUWOG-Wohnungen fällt nun die Entscheidung, ob der Verkauf ein abgekartetes Spiel war – oder nicht.
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Käufer eines Hunderte Millionen Euro teuren Immobilien-Pakets auf die Million genau „errät“, wie viel er bieten muss, um die Konkurrenz sicher auszustechen? Ausnehmend, oder eher: verschwindend gering.
So zumindest sah die Wiener Richterin Marion Hohenecker die Sache, als sie mit ihrem Urteil im Dezember 2020 im Straflandesgericht einen vorläufigen Schlussstrich unter die BUWOG-Affäre zog.
Warum vorläufig?
Weil es ab Donnerstag ums Ganze geht: Der Oberste Gerichtshof OGH verhandelt über das bis heute nicht rechtskräftige Urteil von 2020. Und im Kern geht es darum, ob beim Verkauf der staatlichen BUWOG-Wohnungen betrogen wurde.
Was genau es mit der einen Million Euro auf sich hat, dazu kommen wir noch.
Zunächst gilt es eine generelle Frage zu beantworten: Warum ist die BUWOG-Affäre politisch heute so relevant?
Zum einen liegt das am bewegten Volumen: Als die Republik – und damit der Finanzminister – anno 2004 rund 60.000 Wohnungen verkauft, wechseln 961 Millionen Euro den Besitzer. Die BUWOG-Affäre ist rein finanziell betrachtet eine der gewichtigsten Korruptionscausen der Zeitgeschichte.
Hinzu kommt: Mit dem früheren Ressortchef Karl-Heinz Grasser steht einer, wenn nicht der beliebteste Finanzminister der Zweiten Republik im Zentrum der Vorwürfe (siehe auch Artikel rechts).
Worum geht es?
Angelpunkt der Affäre ist ein komplexes Verkaufs- bzw. Bieterverfahren, an dessen Ende zwei zahlungsstarke Interessenten für die staatlichen Wohnungen übrig geblieben sind: die Immofinanz und die CA Immo.
Kurz vor dem Zuschlag soll der damalige Minister Grasser seinem Trauzeugen und „Spezl“, dem früheren FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger, verraten haben, wie weit die CA Immo bereit ist zu gehen, nämlich: bis zu 960 Millionen Euro.
Tatsächlich bot der erfolgreiche Käufer, das Immofinanz-Konsortium, eine einzige Million Euro mehr.
Und aus diesen 961 Millionen errechnet sich auch die Provisionszahlung von 9,61 Millionen Euro, die die siegreiche Immofinanz an ihren Berater Peter Hochegger (und an Geschäftspartner Meischberger) geleistet hat.
Dass Meischberger den Auftraggebern die 960 Millionen Euro als Untergrenze empfohlen hat, ist unstrittig.
Doch während Meischberger behauptet, er sei auf die Summe mit Expertise und dank diverser Hinweise aus dem Markt gestoßen, erklärte sein teilgeständiger Geschäftspartner Hochegger im Prozess, Grasser habe das Geheimnis verraten. Meischberger und Grasser bestreiten dies, auch gibt es keinen eindeutigen Beweis. Für Richterin Hohenecker war nach dem Mammut-Prozess aber klar: „Es kommt nur Grasser als Informant infrage.“
Nun liegt es am OGH zu entscheiden, ob auch er dies für plausibel hält. Im Falle Grassers, der sich seit 16 Jahren gegen den Vorwurf der Manipulation wehrt, geht es um acht Jahre Haft. Aber zumindest ist ein Ende absehbar. Denn im Unterschied zur ersten Instanz, in der 168 Tage (!) verhandelt wurde, will der OGH nach vier Tagen entscheiden – oder möglicherweise auch schon früher.
Source:: Kurier.at – Politik