
Hardliner drohen, bei Kriegsende in Gaza die Koalition des israelischen Ministerpräsidenten zu verlassen. US-Präsident Trump warnt die Hamas, aber verfolgt eigene Ziele.
„Wenn ihr nicht tut, was ich will, schicke ich nach Israel alles, was nötig ist. Dann wird kein einziger Hamas-Angehöriger überleben.“ In gewohntem Polterton forderte US-Präsident Donald Trump in der Nacht zum Donnerstag die militante Islamisten-Miliz auf, alle israelischen Geiseln freizulassen. Zuvor hatte er mit überlebenden Geiseln gesprochen.
Hamas-Sprecher Chasem Kassim: „Das ermuntert Israel doch nur, die Bedingungen des Waffenstillstands nicht einzuhalten.“ Dieser ist am Sonntag ausgelaufen. Ohne dass die Kämpfe wieder aufflackerten. Doch hätten Verhandlungen über eine Verlängerung, die „Stufe II“, bereits Mitte Februar beginnen sollen. Bislang gab es nur sporadische Einleitungskontakte.
Netanjahu zögert
Israels Premier Benjamin Netanjahu zögert, die Verhandlungen wieder aufzunehmen. Die Hardliner seiner Koalition drohen mit Austritt, sollte der Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen beendet werden. Auch wenn dies das Leben der verbliebenen Geiseln gefährdet.
Ex-Diplomat Netanjahu dürfte aber die Zwischentöne der Warnung gehört haben: Trump geht es um die von ihm gesetzten Ziele.
US-Kontakt zur Hamas
Mit der Freilassung aller Geiseln und damit auch mit einem Kriegsende. Wie ernst es Trump ist, zeigte sich schon in Katar. US-Unterhändler Adam Boehler sprach dort direkt mit Hamas-Vertretern. Ein erstes Mal für die US-Diplomatie. Israel war im Vorhinein informiert. Nicht aber über den genauen Inhalt der Gespräche. Auch Boehler soll den direkten Zusammenhang zwischen einer Freilassung aller Geiseln und einem Kriegsende bekräftigt haben. Dabei erwähnte er ausdrücklich Idan Alexander, einen US-Bürger unter den Geiseln.
In Israel mehren sich die Zweifel, ob Netanjahu noch im besten Interesse des eigenen Landes handelt. 70 Prozent der Öffentlichkeit sprechen sich für die baldige Freilassung aller Geiseln aus. Auch wenn damit ein Kriegsende verbunden ist. Um die 70 Prozent befürworten auch die Errichtung eines staatlichen Ausschusses, der das Versagen von Regierung und Militär am 7. Oktober 2023 untersuchen soll. Mit der Grenzattacke und dem Massaker der Hamas, bei dem über 1.200 Menschen ermordet wurden.
Trumps US-Nahostbeauftragter Steve Witkoff bestätigte am Donnerstag eine „Annäherung“ der Standpunkte Israels und der Hamas. Er will, so ägyptische Quellen, ab nächste Woche selbst zu den Verhandlungen in Katar und Kairo reisen.
Im Umfeld Netanjahus fiel die Einschätzung der Lage skeptischer aus. Nach Auslaufen der Waffenruhe stoppte Israel die Konvois mit humanitärem Nachschub in den Gazastreifen. Es kam auch zu Drohungen, die Lieferung von Strom und Wasser zu stoppen.
Der als pragmatisch geltende Außenminister Gideon Saar schloss eine zweite Stufe des Waffenstillstands nicht aus. Genauso wenig wie eine baldige Wiederaufnahme der Kämpfe im Gazastreifen: „Wir handeln, wie wir es für notwendig halten“.
Source:: Kurier.at – Politik