Warum in Italien bald Tausende Embryos verschenkt werden könnten

Politik

Seit längerem versucht Italien das Schicksal eingefrorener befruchteter Eizellen gesetzlich zu regeln. Doch das ist leichter gesagt als getan.

In den italienischen Kinderwunschzentren lagern 55.000 in flüssigem Stickstoff aufbewahrte Embryos. Wobei es sich bei dieser Zahl nur um eine Schätzung handelt. Manche Forschungsinstitute sprechen von 200.000 befruchteten Eizellen für die es keinen Gebrauch gibt, die aber aufgrund gesetzlicher Regelungen nicht vernichtet und auch der Forschung nicht zur Verfügung gestellt werden dürfen.

Also was tun mit den 55.000 oder mehr Embryos?, fragt sich die italienische Politik …

Eine Lösung lautet: Man könnte sie, wie in anderen Ländern, zur Schenkung freigeben – wobei man in Italien lieber von Adoption spricht – und zwar an unfruchtbare Paare.

Die Umsetzung muss aber auf einem Gesetz fußen, dessen Formulierung auch aus ethischen und gesellschaftlichen Gründen, und mit dem Vatikan im Rücken, alles andere als einfach ist. Und gleich wie ausgewogen formuliert, das Gesetz wird vehemente Befürworter und genauso vehemente Kritiker haben. 

Als Paradebeispiel gilt die heterologe künstliche Befruchtung (fremder Spender, Anm.), die 2014 vom italienische Gesetzgeber zugelassen wurde. Die Kirche hob umgehend die psychische Belastung hervor, die man dem Kind aufbürde, da der Samenspender ja anonym bleibe.

„Schuldzuweisung“

Bei der Verschenkung der befruchteten Eizelle, sprich des Embryos, könnte die „Schuldzuweisung“ aber noch belastender sein, wie die Demographin Alessandra Minello dem KURIER sagt. „In den USA sind die Erzkonservativen zum Beispiel der Meinung, dass der Entschluss der Frau, die anderen schon befruchteten Eizellen nicht zu nutzen, einer Abtreibung gleich komme.“ Bedenken, die unter den vielen Gründen sein könnten, weswegen Italien trotz mehrerer Anläufe bis jetzt kein Gesetz hat, das diese Materie regelt. 

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Ganz anders Spanien, wo es möglich ist, auch gleichgeschlechtlichen Paaren oder Singles eine befruchtete Eizelle zu schenken. „In welche Richtung sich Italien diesmal bewegen wird, wenn überhaupt, ist abzuwarten“, meint Minello.

Derweil vermehren sich aber die Embryos. Das fehlen des Gesetzes ist ein Grund dafür, der andere hat mit der Novellierung des Inseminationsgesetzes zu tun: Seit 2009 müssen nicht mehr alle drei befruchteten Eizellen gleichzeitig in die Gebärmutter übertragen werden, sondern es genügt eine.

Den Zahlen des Gesundheitsministeriums zufolge sind 2022 von 392.000 Neugeborenen, 16.718 durch künstliche Befruchtung auf die Welt gekommen; im Zeitraum 2012 – 2022 waren es an die 100.000. 

Sollte die Schenkung von Embryos irgendwann gesetzlich geregelt sein, wäre das für die betroffenen Paare sicher eine gute Nachricht. Aber nicht nur. Auch die chronisch niedrige Geburtenrate in Italien könnte endlich wieder steigen.

Wie der Wirtschaftsanalyst Federico Fubini in der Tageszeitung Corriere della Sera unlängst schrieb, liegt Italien mit der Zahl von Frauen, die erst mit 33 Jahren das erste Kind bekommen an erster Stelle in Europa. Die Italienerinnen versuchen zuerst Fuß im Beruf zu fassen. Außerdem erfolgt die Schwangerschaft bei einem Fünftel der Frauen, die erst mit 40+ ein Kind bekommen, über eine künstliche Befruchtung. Im Jahr 2022 haben 87.192 Paare auf die künstliche Befruchtung zurückgegriffen.

Wirklich ändern wird das Schicksal der eingefrorenen Embryos an dem dramatischen Geburtenschwund in Italien aber wahrscheinlich nichts. Konkret kamen im Jahr 2023 379.890 Kinder in Italien auf die Welt, das waren 12.110 weniger als 2023, und auf die …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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