Wer die neue deutsche Koalition noch verhindern könnte

Politik

Die wütenden Juso-Rufe kennen sie im Willy-Brandt-Haus, der Zentrale der SPD. „Was im Koalitionsvertrag steht, reicht einfach nicht“, richtete Jungsozialisten-Chef Philipp Türmer seinem Parteichef Lars Klingbeil jetzt aus. Der hatte zwar trotz gerade mal 16,4 Prozent Wählerstimmen sieben von 17 Ministerien ergattert, doch in den „Bereichen Asyl, Migration, Arbeit und Soziales“ deutlich zu wenig erreicht, sagte Türmer – Nachverhandlungen müssten her.

Das Betonierer-Nein der Jusos hat Tradition. Auch nach den Wahlen 2013 und 2017 stellten sich die Jungsozialisten gegen die Parteioberen, die Mitgliederentscheide – die SPD befragt ja stets ihre mehr als 350.000 Parteigänger –  gingen aber jedes Mal deutlich pro Koalition aus.

Merz teilt aus

Das soll diesmal, so hofft es die Parteispitze zumindest, auch so sein. Allerdings hat die SPD nicht mit Friedrich Merz gerechnet: In einem Bild-Interview rüttelte CDU-Chef nämlich an einem zentralen roten Versprechen im Koalitionsvertrag – der Erhöhung des Mindestlohns. Dass der, wie Lars Klingbeil bei der Präsentation des Pakts stolz verkündete, auf 15 Euro steigen werde, sei „so nicht verabredet.“ Gleiches gelte  für die Steuerentlastung für geringe Einkommen, die zweite große Errungenschaft der SPD – all das stünde unter „Finanzierungsvorbehalt“.

SPD ist frustriert

Merz war immer ein großer Polarisierer, und das bleibt er auch als designierter Kanzler, das steht nun fest. Statt auf die Parteilinken in der SPD zuzugehen und Streitthemen nach der Angelobung auszudiskutieren, steckt er schon bei erster Gelegenheit die Reviere ab. Damit will er wohl verhindern, dasselbe Schicksal wie die Ampel zu erleiden: SPD, Grüne und FDP hatten auch viele Reformen nur sehr halbgar paktiert, hatten aber bei der Realisierung Schiffbruch erlitten.

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Ob das aufgeht, muss sicher aber erst zeigen. In der SPD läuft das Mitgliedervotum noch bis Ende April; und auch wenn die Jusos ein Ja nicht verhindern können, der Frust über Merz könnte es. Die Parteispitze versucht darum  in sechs Dialogkonferenzen mit hochkarätiger Besetzung die rumorende Basis zu beruhigen; beim ersten Termin Montagabend in Hannover blieben aber viele Sitze im Publikum leer.

AfD-Gretchenfrage

In Berlin tut sich dazu noch ein weiteres Streitthema auf. Demnächst werden im Bundestag die Ausschussvorsitzenden bestimmt; geht man nach dem Wahlergebnis, müssten fünf an die AfD gehen. Nur: Zwischen den Koalitionären herrscht in dieser Frage noch größerer Dissens als bei Mindestlohn oder Migration. Die SPD  will jeden AfD-Posten verhindern, in der Union fordern hingegen einige nicht nur die Vorsitzvergabe, sondern sogar Kooperation mit den Populisten.

Das sorgt auch innerhalb der Union für Verwerfungen. Bald-Kanzler Merz hat sich bei dazu noch nicht zu Wort gemeldet, wohl aus guten Gründen – die heiklen Gremien-Posten werden genauso wie die alle Personalien in der Regierung erst nach dem  SPD-Mitgliedervotum bestellt, und das dauert noch bis 29. April. 

Merz nutzt die Phase zu Besinnung – oder wie er der Bild sagte: „Ich muss jetzt mal ein paar Tage Urlaub machen.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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