Elfmeterschießen beginnt im Kopf: Ungeschriebene Regeln und Erfolgsfaktoren

Sport

Die K.o.-Phase der Fußball-Europameisterschaft beginnt. Jedes fünfte EM-Entscheidungsspiel geht ins Elferschießen. Wie geht der Ball ins Tor?

Es ist Drama pur. Die knappest mögliche Entscheidung eines Fußballspiels findet im Elfmeterschießen statt. Und egal, ob man es als Fußballfan liebt oder unfair findet – an Spannung ist es kaum zu überbieten. 

Doch wie kann man im Shootout die Oberhand behalten? Kann man es trainieren?

Im Vorteil scheint zunächst der Schütze, er steht scheinbar vor einer 100-prozentigen Torchance. Zwischen ihm und dem Netz ist nur noch der Torhüter – der wiederum anscheinend im Nachteil ist: Denn nur der Schütze weiß, wohin er dem Ball befördern wird – und den Schuss hat er hundertmal geprobt. Scharf ins seitliche Innennetz, am besten auch noch hoch. Das muss doch abrufbar sein.

Doch der Schein trügt. Bekanntlich sind es nicht 100 Prozent der Elfmeter, die ins Tor gehen. Laut Studien landen rund 73 Prozent der Elfmeter auf Profiebene im Netz.

Wissen und Wahrnehmung

Sportwissenschaftler Johannes Uhlig hat sich Elfmeter in Theorie und Praxis genauer angesehen. Als Wissenschafter am Institut für Bewegung und Sportwissenschaft und als Fußballtrainer, etwa bei den U17-ÖFB-Frauen hat er etliche Elfmetertrainings geleitet. Im KURIER-Gespräch erklärt er, dass ein Spiel zwischen Wissen und Wahrnehmung ist, das sich in den Köpfen des Elferschützen und des Torhüters abspielt: „Ich weiß als Spieler, wo meine präferierte Ecke ist. Auch wenn der Tormann das weiß – wenn ich präzise genug hinschieße, hat er kaum eine Chance“, sagt Uhlig.

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Gleichzeitig gibt es auch die Möglichkeit, wahrnehmungsgesteuert an den Elfmeter heranzugehen und dabei zu antizipieren, was der jeweils andere macht. Lässt der Torhüter erkennen, in welche Richtung er springen wird? Erkennt der Tormann anhand der Haltung von Fuß oder Oberkörper beim Schützen, in welche Richtung er schießen wird? 

Dabei ist der Spieler im Vorteil, denn er kann den Anlauf verzögern, um den Torhüter in Aktion zu zwingen. Umgekehrt könnte der Torhüter den Schützen mit Bewegungen zu irritieren versuchen. Studien zeigen, dass das die Wahrscheinlichkeit zu parieren leicht erhöht.

In die Mitte

Übrigens wird auch knapp ein Drittel der Elfmeter im Zentrum des Tores verwertet. Die Torleute haben also die Auswahl, nach links oder rechts zu springen – oder stehen zu bleiben, um den Strafstoß zu halten. Dennoch sieht man nur wenige Torhüter, die das tun. Den Grund hat der israelische Psychologe Michael Bar-Eli als „Action Bias“ ausgemacht („Tendenz zur Bewegung“). Die Gefahr untätig auszusehen, während der Ball in eine Ecke fliegt, sei zu groß, obwohl das durchaus erfolgsversprechend wäre, erklärt Uhlig: „Die Torhüter wären gut beraten, ab und zu in der Mitte stehen zu bleiben.“

Spieler, die auf die eigenen Fähigkeiten vertrauen, werden aber zu einem hohen Prozentsatz scharf, also mit mindestens 100 km/h, unter die Latte oder neben die Stange schießen. Der Ball braucht ca. 0,4 Sekunden bis zum Tor. Zu schnell, um als Goalie reagieren zu können.

KURIER Grafik OrtegaDer Letzte trifft seltener

Die Trefferquote blieb über die Jahre zwischen 70 und 80 Prozent stabil. Sowohl Torhüter, als auch Spieler trainieren und analysieren diesen Bereich mittlerweile mit hohem Aufwand – nicht nur technisch, sondern auch psychologisch.

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Source:: Kurier.at – Sport

      

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