
Der mutmaßliche Anlagebetrugsfall um die Green Finance/Sun Contracting-Gruppe zieht weite Kreise. Wie der KURIER berichtete, soll die Unternehmensgruppe zumindest bis 2023 rund 150 Millionen Euro bei Kleinanlegern in Form von hochriskanten Nachrang-Darlehen eingesammelt haben, aber davon für 50 Millionen Euro Vertriebsprovisionen abgezwackt haben. Am Mittwoch wurde über die Ex-Zampanos Christian S., Martin H. und Michael K. die U-Haft verhängt.
Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, sich über dubiose Deals mit Sun-Contracting-Aktien unrechtmäßig bereichert zu haben. Bei diesem ersten Vorwurf geht es um knapp sechs Millionen Euro Schaden. Die Sun Contracting AG in Liechtenstein und ihre Österreich-Töchter schlitterten im November in den Konkurs.
Wie aus der Zeugenvernehmung eines früheren Mitarbeiters hervorgeht, hat ein Kollege behauptet, dass die Firma „ausgeraubt worden sei“, weil eine Ein-Euro-Firma an die Sun Contracting verkauft worden sei, das verhaftete Trio dabei aber ohne entsprechende Gegenleistung sechs Millionen Euro eingestreift haben soll. Dem Vernehmen nach werden die Vorwürfe bestritten. Johannes Zink, der renommierte Strafverteidiger von Christian S., sagte zum KURIER: „Die Vorwürfe entbehren jeglicher Grundlage.“
Falsche Beratung
Das Perfide am Geschäft der Green Finance/Sun Contracting war, dass den Kleinanlegern geraten wurde, ihre „denkbar schlechten“ Lebensversicherungspolizzen aufzukündigen und ihr Geld in Anleihen und Nachrang-Darlehen von Green Finance/Sun Contracting zu investieren. Diese seien so „sicher wie Bausparverträge“, wurde den Anlegern vorgegaukelt. Mit der Pleite der Firmen schauen die betroffenen Anleger durch die Finger. Denn als Nachranggläubiger der Produkte oder als Aktionäre sind sie die Letzten in der Gläubigerkette, die Geld sehen werden, sollte überhaupt etwas vorhanden sein.
Fakt ist: Die Green Finance GmbH in Wien hatte mit Ende April 2022 keine Berechtigung mehr für die gewerbliche Vermögensberatung. „Green Finance hätte nach Wegfall der Gewerbeberechtigung keine Vermögensberatung mehr erbringen dürfen“, sagt Anlegeranwalt Jörg Zarbl zum KURIER. Die Firmengruppe bediente sich aber auch selbstständiger Vermögensberater und Geschäftsvermittler.
Am Montag hat Snezana F. ein Schreiben von Anlegeranwalt Zarbl erhalten. Sie hat ein Ehepaar in Sachen Sun Contracting im November 2023 beraten, ohne einen Gewerbeschein als Vermögensberaterin zu haben. Das Ehepaar fordert von der „Beraterin“ nun die Rückzahlung von rund 55.000 Euro.
Persönliche Haftung
„Für selbstständige Vermittler gilt: Wer eigenständig Kunden berät und Finanzprodukte wie Nachrang-Darlehen vertreibt, braucht eine eigene Konzession als gewerblicher Vermögensberater samt Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung“, sagt Zarbl. „Berater, die Finanzprodukte selbstständig und ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung beraten oder vermitteln, haften persönlich und mit ihrem Privatvermögen.“
Nach Angaben eines Beraters soll von Vertriebsverantwortlichen der Green Finance/Sun Contracting-Gruppe signalisiert worden sein, dass eine Gewerbeberechtigung nicht erforderlich sei. Diese Information war jedoch falsch.
Source:: Kurier.at – Wirtschaft



