Datenschutz-Verstoß: EuGH stoppt persönliche Anrede als „Herr“ oder „Frau“

Wirtschaft

Geschlechterangabe für Kauf von Fahrscheinen irrelevant. Urteil könnte sich auf viele Online-Shops auswirken

Wer in einem Online-Shop einkauft, muss nach einem EuGH-Urteil im entsprechenden Formular nicht angeben, ob eine Anrede als „Herr“ oder „Frau“ erfolgen soll. Die Erfordernis zur Preisgabe des Geschlechtes verstößt nämlich gegen die Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Konkret geht es einerseits um den Grundsatz der Datenminimierung. 

Die Verpflichtung zur Angabe der Anrede könne aber andererseits auch zu einer Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität führen und sei daher nicht verhältnismäßig, begründete der EuGH in seinem Urteil vom Jänner 2025. Ein Urteil, dass sich auf die Datensammlung vieler Online-Shops auswirken könnte.

Anlassfall französische Bahn

Anlass für das Datenschutzverfahren war eine Beschwerde des französischen Verbandes Mousse, der sich gegen sexuelle Diskriminierung einsetzt. Mousse beanstandete bei der französischen Datenschutzbehörde CNIL, dass die französische Bahn SNCF Kundinnen und Kunden beim Internetkauf von Fahrscheinen im Online-Formular verpflichte, die  Anrede „Herr“ oder „Frau“ anzugeben. Diese Daten seien unerheblich  für die Erfüllung des Vertrages. Diese Praxis sei im Geschäftsverkehr üblich und diene der freundlichen Kommunikation, begründete die SNCF ihr Vorgehen.  

Der Fall ging an den EuGH. Dieser stellte nun klar, dass die Angabe des Geschlechts für die Erfüllung eines Schienentransport-Vertrages nicht erforderlich sei. Die Bahn könne sich auf für eine allgemeine und inklusive Höflichkeitsformel entscheiden und damit weniger stark in den Datenschutz eingreifen.  Das berechtigte Interesse des Unternehmens für die Datenverarbeitung dürfe die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen nicht überwiegen. 

Überschießende Datenerhebung

Das Problem der überschießenden Datenerhebung bei der Frage nach der Anrede  betreffe zahlreiche Branchen und Bereiche, stellt die heimische ARGE Daten klar. Besonders heimische Transportunternehmen, Freizeiteinrichtungen wie Skilifte, Verleihdienste oder Wohnungsvermittlungsdienste würden in üppigen Formularen Daten erheben, die in keinem Zusammenhang mit dem Verarbeitungszweck stehen.

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Die ARGE Daten hat in einer Blitzanalyse einige Dutzend Online-Shops analysiert. Fazit: In mehr als der Hälfte wird eine Anrede „Herr“/„Frau“ beim Einkauf verpflichtend verlangt. Beim Rest ist dieses Feld nicht verpflichtend oder es gibt –  als Notlösung– noch weitere Optionen, wie „Divers“, „Anderes“.

„Offensichtlich sind die Verpflichtungen der DSGVO noch immer nicht bei der Mehrzahl der Shop-Betreiber angekommen“, analysiert Hans G. Zeger, Obmann der ARGE Daten.  „Abgesehen von rechtlichen Formalfloskeln und – meist fehlerhaften – Cookie-Bannern, verhalten sich die Betreiber noch wie in der IT-Steinzeit.“ Als Beispiel für unnötige Datensammlerei nennt Zeger etwa Fotos bei Bewerbungen zu verlangen oder  Wohnungsvermittlung auf Grund des Namens einzuschränken. 

„Trotz sieben Jahre DSGVO herrscht in Österreich offenbar immer noch weitgehende Unwissenheit über die Anforderungen einer modernen Informationsgesellschaft“, so Zeger, der mehr Sensibilität im Umgang mit persönlichen Daten fordert.

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Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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