Stardesigner im Interview: Wie Handwerk und Nachhaltigkeit Möbel verändern

Wirtschaft

Versteckt in einem Innenhof im Zentrum Mailands ist der Maria-Calderara-Showroom. Dort trifft der KURIER den deutschen Designer Sebastian Herkner. Neben Jaime Hayon und Federica Biasi präsentiert er dort sein aktuelles Projekt für den österreichischen Möbelhersteller Wittmann – ein Sofa.

KURIER: Herr Herkner, was hat es mit dem Sofa auf sich?

Sebastian Herkner: Wir wollten ein modulares, elegantes, großzügiges Sofa gestalten. Eine Insel, auf der man in Ruhe ein Buch lesen oder einen Geburtstag feiern kann. Mit „Beletage“ kann das Wittmann-Portfolio jetzt so etwas bieten. Das Design steht ein bisschen für die typische Wiener Hochparterre-Wohnung im Altbau. Wir haben die Eleganz durch eine schwebende Linie aus verchromtem oder dunkel bronziertem Rohr betont. Es ist eine Balance aus Rundungen, präzisen Nähten und klarer Linienführung.

Wie gehen Sie an die Materialsuche?

Das kommt auf die Firma an. Wenn man etwas entwirft, muss man sich auf das Unternehmen einlassen, es verstehen und daraus etwas entwickeln, das passt. Man will keinen „Alien“ hineinsetzen, also nichts, das überhaupt nicht funktioniert. Sowohl Firma als auch Kunde sollen sich wohlfühlen. Es darf aber auch nicht zu gefällig sein, sondern muss eine gewisse Frische bringen.

Spielt Nachhaltigkeit eine Rolle?

Es ist sogar entscheidend und hat stark mit Qualität zu tun. Auch mit dem Service, das ein Unternehmen bieten kann. Manchen geht es nur darum, zu verkaufen. Alte Möbel werden entsorgt und landen auf einem Müllberg, dabei könnte man sie reparieren, neu polstern und neu beziehen. Das Zirkuläre ist wahnsinnig wichtig und ist eine Frage, mit der wir uns seit einigen Jahren auseinandersetzen müssen.

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Die Liebe zum Handwerk sticht bei Ihnen besonders hervor. Warum?

Natürlich gibt es Roboter, KI und 3D-Drucker, aber im Handwerk steckt so viel Emotion und Wissen. Genau dieses Menschliche brauchen wir. Deswegen sind Handwerker meine Helden, die meine Ideen, Zeichnungen und 3D-Renderings umsetzen und täglich mit Know-how, Arbeitszeit, Mühe und Passion dahinterstehen. So erzählt jedes Produkt seine eigene Geschichte. Man sieht es auch, wenn man durch Wien spaziert: bei „Zur Schwäbischen Jungfrau“ und „J. & L. Lobmeyr“. Das sind Unternehmen, die Handwerk noch frönen und hochhalten.

Das Handwerk ist auch in der Mailänder Design-Week überall ersichtlich. Wie wichtig ist es, bei Messen wie dem Salone dabei zu sein?

Messen sind da, um sich zu messen, um zu sehen, was für Visionen und Ansätze es gibt. Es ist ein Austausch und auch ein Business, das sicherlich sehr viele wirtschaftliche Komponenten für Unternehmen entscheidet. Immerhin arbeiten hunderte Designer mit ihren Kunden und Herstellern auf diese Woche hin.

Strebt man als Designer bei Messen einen Trendsetter-Status an?

Trends halten nicht lang und sind sehr oberflächlich. Als Designer will man eine Haltung zeigen, eine Botschaft senden. Ich glaube, wir brauchen tiefere Bewegungen. Etwa zur zirkulären Wirtschaft und Langlebigkeit.

Ist das der aktuelle Zeitgeist?

Es ist ein entscheidender Faktor, an dem man sich orientiert. In Mailand gibt es jedes Jahr wahnsinnig viele neue Produkte und man fragt sich, ob es sie wirklich braucht. Deswegen versuchen wir stattdessen, an bestehenden Produkten weiterzuarbeiten – bei einem Sessel etwa eine Armlehne hinzuzufügen oder ein Drehgestell. Alles weitere wie Material und Farbe wird dann von Innenarchitekten neu interpretiert. …read more

Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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