
„Zweifelst du noch immer an Europa?“ Diese Frage steht auf einem Banner über dem Haupteingang des Slush-Festivals. Die Antwort wird gleich mitgeliefert: „Go to Hel.“ Hel ist keine falsche oder abgekürzte Schreibweise des englischen Worts für Hölle (hell), sondern steht für Helsinki. Dort findet alljährlich Ende November eines der größten Start-up-Events Europas statt. Slush oder Matsch heißt das Festival deshalb, weil der üblicherweise um diese Jahreszeit die Straßen von Helsinki bedeckt.
12.000 Gründerinnen und Gründer, Investoren und Interessierte kommen zwei Tage lang trotzdem in die finnische Hauptstadt, um sich zu vernetzen und Deals anzubahnen. Rund drei Billionen Euro Risikokapital seien in der Messehalle versammelt, verkünden die Veranstalter stolz.
Augustin Garagorry, Slush
Banner vor der Slush-Konferenz in Helsinki: „Go to Hel“
Was Slush Start-ups bringen kann, zeigt der schwedische Gründer Anton Osika. Vor einem Jahr präsentierte der 35-Jährige Physiker sein Start-up Lovable auf einer kleinen Bühne in der Messehalle in Helsinki. Heute zählt Osika zu den Superstars der Szene.
Lovable, entwickelt ausgehend von einer Idee, die in normaler Sprache eingegeben werden kann, mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) Software-Anwendungen. Das KI-gestützte Programmieren, für das keine Programmierkenntnisse notwendig sind, nennt man Vibe-Coding. Im vergangenen Jahr sammelte das Start-up 200 Millionen Euro von Investoren ein, insgesamt wird es kaum zwei Jahre nach seiner Gründung mit 1,8 Mrd. Dollar bewertet.
Waren es zunächst hauptsächlich Privatnutzer, die sich die Dienste von Loveable zunuzte machten, sind es nun immer mehr Firmen. Sie entwerfen damit schnelle Prototypen. Software sei oft der Flaschenhals, sagt Osika. „Wir verändern, wie sie entwickelt wird.“ Täglich entstehen rund 100.000 Anwendungen auf der Plattform. Zu den Kunden zählt auch der Softwarekonzern Microsoft.
Mit Lovable hätte Osika auch problemlos in den USA reüssieren können. Das wollte er aber nicht. Europa biete viele Vorteile, sagt er. Einer davon: „Es ist viel einfacher, qualifizierte Mitarbeiter zu finden, als im Silicon Valley.“
Roberto Puentes, Slush
Lovable-Gründer Anton Osika
Europäische Erfolgsmodelle
Europäische Erfolgsmodelle gibt es. Einige davon sind auf dem Festival vertreten. Sie dienen vielen jungen Gründerinnen und Gründer als Inspiration. Einige davon sind auf dem Festival vertreten. Etwa das finnische Spieleunternehmen Supercell mit seinem Gründer Ilkka Paananen. Die Entwicklerfirma hinter dem Handyspiel „Clash of Clans“ setzt jährlich Milliarden um, und zählt Hunderte Millionen Nutzer weltweit.
Früher habe es kaum Leute gegeben, die man bei Problemen anrufen konnte, heute gebe es viel mehr erfahrene Unternehmerinnen und Unternehmer, sagt Supercell-Gründer Ilkka Paananen.
Optimismus
Es ist schwer, sich nicht von der optimistischen Stimmung anstecken zu lassen, die in den Messehallen von Helsinki herrscht. Befeuert von Energydrinks, mit einem Koffeingehalt, der nicht gesund sein kann, schieben sich Tausende junge Leute an den zahlreichen Ständen, Bühnen und Präsentationsflächen vorbei.
Zentrum des Festivals ist die Meeting Area, wo sich an spärlich beleuchteten Tischen im Viertelstundentakt Investoren mit Gründern treffen, um sich gegenseitig auf den Zahn zu fühlen und Deals vorzubereiten.
Roberto Puentes, Slush
Meeting Area beim Slush-Festival in Helsinki
Viele Gründungen und viele Probleme
Die Zahl der Gründungen ist heuer in Europa zwar auf 27.000 gestiegen, wie der auf dem Festival präsentierte „State of European Tech“-Report des Risikokapitalgebers Atomico zeigt. Das sind 60 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. Dennoch: Europäische Start-ups …read more
Source:: Kurier.at – Wirtschaft



